1907: Kaufhaus des Westens (KaDeWe) in Berlin eröffnet

Stichtag

27. März 1907 – Kaufhaus des Westens (KaDeWe) eröffnet

Erich Honecker hat das Gefühl, sich gegen Vorwürfe kapitalistischer Anwandlungen verteidigen zu müssen. "Die Behauptung, dass wir in Wandlitz in Saus und Braus gelebt hätten, dass wir Wasser geredet und Wein getrunken hätten", sei unwahr, sagt der ehemalige Staatsratsvorsitzende der DDR nach dem Mauerfall: "So möchte ich für mich und meine Familie feststellen, dass wir überhaupt keinen Wein getrunken haben."

In Wandlitz im Laden habe er alles "auf Heller und Pfennig" bezahlt, sagt Honecker weiter. "Überhaupt möchte ich feststellen, dass wir den größten Teil unserer Einkäufe in Berlin machten, da es dort viel bessere Sachen gab." Die besten Sachen gab es offenbar in West-Berlin, im Kaufhaus des Westens (KaDeWe). Zumindest Honeckers taillierte Anzüge stammen von dort.

Ein König auf Shopping-Tour

Die Idee zum KaDeWe hat Adolf Jandorf. Sechs Kaufhäuser hat der Kaufmann da schon gegründet, aber am Wittenbergplatz, unweit der Gedächtniskirche, soll nach dem Abriss mehrerer Wohnhäuser etwas Besonderes entstehen: ein Kaufhaus des Luxus, eine Kathedrale des Konsums, eine Wohlfühloase für die reiche wilhelminische Elite.

Am 27. März 1907 wird das KaDeWe eröffnet. Noch im Eröffnungsjahr kommt der König von Siam. An zwei aufeinanderfolgenden Tagen shoppt er sich durch die Produktpalette. Am Ende nimmt er angeblich Waren im Wert von 250.000 Goldmark mit nach Hause. Das Mindestgehalt einer KaDeWe-Verkäuferin liegt damals bei etwa 75 Goldmark.

Etage für Gourmets

Im Ersten Weltkrieg gehören Lebensmittelpakete für Frontsoldaten zu den beliebtesten Dienstleistungen des KaDeWe. In den 1920er Jahren verkauft Jandorf das Kaufhaus an den Konkurrenten Hermann Tietz und Co, der unter anderem die berühmte Feinschmeckeretage aufbaut. Noch heute ist das KaDeWe dafür berühmt.

Im Nationalsozialismus wird dem in jüdischem Besitz befindlichen KaDeWe ein "arischer" Geschäftsführer vorgesetzt, die Besitzer werden allmählich enteignet. 1943 stürzt ein US-amerikanisches Kampfflugzeug in das Gebäude und das Dach brennt aus. Erst 1950 kann das Kaufhaus wieder eröffnet werden.

Schaufenster Westdeutschlands

Im geteilten Deutschland erscheint das KaDeWe nicht nur Erich Honecker, sondern auch vielen anderen DDR-Bürgern als verheißungsvolles Schaufenster einer wundervollen Warenwelt. Wer immer in den Westen der geteilten Stadt reisen darf, bringt Kleinigkeiten daraus in den Osten mit. Nach dem Fall der Mauer strömen die Ostdeutschen in Massen in den Konsumtempel, um ihr Begrüßungsgeld hier zu auszugeben.

Heute gehört das KaDeWe zum Karstadt-Konzern und wird als Nobel-Einkaufsstätte vermarktet.

Stand: 27.03.2012

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