Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts ist Seenot Schicksal. Wer sich aufs offene Meer begibt und Schiffbruch erleidet, kann mit organisierter Hilfe nicht rechnen. Im Gegenteil: Da Küstenbewohner "Strandrecht" haben und angeschwemmte Waren und Kostbarkeiten aus untergegangenen Schiffen an sich nehmen dürfen, besteht wenig Interesse am Rettungswesen.
"Werk der Wohltätigkeit"
Erst um 1800 wächst das Bewusstsein dafür, dass man Seeleute von sinkenden Schiffen retten könnte. Entsprechende Ideen kommen von den großen Seefahrernationen England und Holland. Im deutschsprachigen Raum steht die Vielstaaterei ähnlichen Konzepten entgegen. Die Gründung von Rettungsstationen wie etwa 1802 in Memel bleibt sporadisch.
Doch 1860 veröffentlichen zwei Bürger aus Bremen-Vegesack einen Appell, der als Initialzündung gelten kann. "Es erscheint an der Zeit, endlich auch für Deutschlands Küsten Rettungsstationen zu errichten", steht dort zu lesen. "Deshalb ergeht hiermit an alle Deutschen der ernste Aufruf, sich an diesem Werke der Wohltätigkeit zu beteiligen." Ein Jahr später werden in Emden, Bremerhaven und Hamburg Rettungssationen gegründet. 1865 geht aus derlei Initiativen die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) hervor.
Praktisch unkenterbar
Zunächst agiert die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger mit Ruderrettungsbooten, die in Strandnähe in Schuppen auf ihren Einsatz warten und im Notfall per Pferdefuhrwerk zum Katastrophenort gekarrt werden können. 1911 kommen Motorboote hinzu. Nach dem Zweiten Weltkrieg entsteht die Idee, ein Schiff mit Tochterboot zu entwickeln, das auch in Flachgewässern wie dem Wattenmeer zum Einsatz kommen kann.
Das erste Schiff dieser Art ist die "Bremen", die im Januar 1953 ihren Dienst aufnimmt. Aber die "Bremen" kann noch mehr: Als "Selbstaufrichter" dreht sie sich selbst bei stärkstem Seegang und im Fall des Kenterns immer wieder in die richtige Lage.
Als Tochterbootträger und Selbstaufrichter setzt die "Bremen" bei ihren Einsätzen vor Bremerhaven, Hörnum und Sylt international Maßstäbe. Mit zehn Knoten ist sie allerdings eigentlich zu langsam für schnelle Hilfe; 1965 wird sie verkauft und fristet danach ein Dasein als Hafenschlepper. Da hat sich schon längst die "Theodor Heuss" etabliert, die doppelt so schnell wie die "Bremen" ist und in Serie gebaut wird.
Finanziert aus Spendengeldern
Heute besitzt die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, die sich bis heute aus Spendengeldern finanziert, 21 Seenotkreuzer mit angestellten Besatzungen sowie 40 kleinere Boote, die von ehrenamtlichen Helfern betrieben werden. Knapp 80.000 Menschen hat sie seit ihrer Gründung auf hoher See gerettet oder aus lebensbedrohlicher Gefahr befreit. Jedes Jahr kommen zwischen 60 und 120 Menschenleben hinzu.
Stand: 21.01.2013
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