"Er war ein Sadist", sagt der französische Widerstandskämpfer Mario Blardone über den ehemaligen Gestapo-Chef von Lyon, Klaus Barbie. "Ich habe miterlebt, wie er eine Frau verhörte und folterte." Sie habe sich völlig nackt ausziehen müssen. "Barbie trieb seinen Hund an, die Frau zu besteigen und amüsierte sich königlich dabei." Auch Lise Lesérve, die ebenfalls Mitglied der Résistance war, erinnert sich an Barbies Brutalität: "Er drehte die Köpfe der am Boden liegenden Gefangenen um - Männer wie Frauen - und zertrat sie mit dem Stiefel, wenn er glaubte, es handele sich um Juden."
Barbie stammt aus gutem Hause. Er wird am 25. Oktober 1913 als Sohn eines Lehrers geboren. Kurz nach dem Abitur lernt er 1935 Heinrich Himmler kennen. Der SS-Reichsführer macht Barbie zu einem Referenten des sogenannten Sicherheitsdienstes (SD) der SS - zunächst in Berlin, dann in Düsseldorf und Dortmund. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wird Barbie dem SD in Amsterdam zugewiesen, wo er gegen jüdische Bürger und "Feinde des Reiches" vorgeht. 1942 schickt Himmler den 29-Jährigen nach Frankreich, wo er bald als "Schlächter von Lyon" bekannt wird. Neben der Deportation von mindestens 1.000 Juden ist Barbie auch für die Ermordung und Misshandlung von über 4.300 Widerstandskämpfern verantwortlich. Barbies bekanntestes Opfer ist Jean Moulin, Chef der Résistance. Der spätere SS-Hauptsturmführer quält den Gefangenen persönlich zwei Tage lang zu Tode.
Von den Amerikanern geschützt
Als die Alliierten im August 1944 Paris befreien, setzt sich Barbie nach Deutschland ab, wo er erneut beim SD-Abschnitt Dortmund eingesetzt wird. Nach Kriegsende internieren die Amerikaner Barbie, überstellen ihn aber nicht an Frankreich, wo er gesucht wird. Stattdessen erhält der deutsche Fachmann für Kommunistenbekämpfung einen Job beim US-Geheimdienst. Sechs Jahre nach Kriegsende sind die Franzosen Barbie allerdings auf der Spur. Doch die Amerikaner schützen ihn, sagt der ehemalige US-Geheimdienstagent Eugéne Kolb: "Wir wollten Barbie den Franzosen nicht ausliefern, nachdem er für uns geheimdienstlich aktiv geworden ist." Die Amerikaner helfen Barbie bei der Flucht. Er geht nach Bolivien, baut dort die Politische Polizei mit auf und wird Präsidentenberater. Barbie nennt sich nun Klaus Altmann.
1971 wendet sich das Blatt. Die Journalistin Beate Klarsfeld und ihr Mann, der französische Anwalt Serge Klarsfeld, haben sich ein Nachkriegsfoto von Barbie beschafft. "Dieses Foto wurde dann zufällig in der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht und kam so zu einem Deutschen, der in Peru lebte, der auf diesem Foto einen bolivianischen Geschäftsmann wiedererkannte, der unter dem Namen Altmann in Lima lebte", erinnert sich Beate Klarsfeld später. Französische Auslieferungsgesuche scheitern jedoch. Die Militärs in Bolivien schützen ihren Berater. Erst als elf Jahre später in der Hauptstadt La Paz eine demokratische Regierung an die Macht kommt, wird Barbie am 4. Februar 1983 nach Frankreich abgeschoben.
Zu lebenslanger Haft verurteilt
Auf Anweisung des französischen Justizministers Robert Badinter wird Barbie ins Lyoner Militärgefängnis "Fort Montluc" überführt - dorthin, wo Jean Moulin und andere Widerstandskämpfer gefoltert und ermordet worden sind. Der einstige SD-Chef ist in Frankreich bereits in Abwesenheit drei Mal - 1947, 1952 und 1954 - zum Tode verurteilt worden, doch diese Urteile gelten mittlerweile als verjährt. Zudem ist die Todesstrafe in Frankreich 1981 abgeschafft worden. Deswegen kommt es 1987 in Lyon zu einem neuen Prozess. Das Gericht verurteilt Barbie zu lebenslanger Haft wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Doch Barbie zeigt bis zum Schluss keine Reue: "Ich bin kein Mörder. Ich habe nie gefoltert." Vier Jahre verbringt Barbie noch in Haft, dann stirbt er am 25. September 1991 im Alter von 77 Jahren im Gefängniskrankenhaus von Lyon an Leukämie.
Stand: 04.02.2013
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