Erster belegter Wikinger-Überfall in England (Beginn der Wikingerzeit)

Stichtag

8. Juni 793: Erster Wikinger-Überfall

Im Morgengrauen des 8. Juni 793 beginnt das Zeitalter der Wikinger. Mit Entsetzen sehen die Mönche des englischen Klosters St. Cuthbert, wie langgestreckte Boote mit Drachen- und Schlangenköpfen am Bug auf ihre Insel Lindisfarne zuhalten. Das rechteckige Segel ist mit Ocker, Fett und Teer eingeschmiert, 30 Riemen wühlen rhythmisch durchs flache Wasser. 60 Männer springen von Bord, bewaffnet mit Äxten und zweischneidigen Schwertern – der Überfall gilt als erster, der den Wikingern eindeutig zugeordnet wird. Der Gelehrte Alkuin schreibt: "Niemals zuvor brach ein solches Entsetzen über Britannien herein."     

Drei Jahrhunderte Terror bis Irland und ans Schwarze Meer

"Über Lindisfarne wissen wir, dass eine Schar von Seeräubern - die damals Normannen und heute Wikinger heißen - das Inselkloster überfallen, geplündert und zugleich das Heiligtum besudelt hat", erklärt Professor Sebastian Brather, Archäologe an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Über den Angriff schreibt der Mönch Simeon in der History of the Church of Durham: "Sie erschlugen einige der Brüder, andere führten sie in Ketten fort. Der größten Zahl rissen sie die Kleider vom bloßen Leib, stießen sie zu den Türen hinaus, und einige ertränkten sie im Meer."

Drei Jahrhunderte verbreite der "víkingr" – ein vermutlich altnordischer Begriff für einen Seekrieger, der sich auf langer Fahrt von der Heimat entfernt – Terror bis nach Irland und ans Schwarze Meer. Mit Raub, Mord und Gewalt lassen sie manches vergessen: Die Nordmänner treiben auch friedlichen Handel und prägen die Kulturgeschichte Europas.    

Wikinger tragen keine Helme mit Hörnern

Nicht alle Wikinger waren Seeräuber. Schätzungen besagen, dass jeder fünfzigste Skandinavier zwischen dem 8. und 10. Jahrhundert als Pirat unterwegs war. Für die Mehrheit gilt, "dass es bäuerliche Gesellschaften waren, die über Nord- und Ostsee hinweg ein Netz von Handelsniederlassungen gesponnen und auch mit den Arabern Handel getrieben haben", sagt der Frühmittelalterexperte Sebastian Brather. Archäologen haben viele hunderttausende arabische Silbermünzen in Nordeuropa gefunden.

Die Mörderbanden unter den Normannen jedoch zwingen Menschen in die Sklaverei, in Nordengland, im Frankenreich, auf den Balearen und in Marokko, sogar in Aachen und der Eifel im Jahr 882. Den Großteil des Weges legen die Wikinger in schlanken Langschiffen mit festem Kiel zurück, die mit eineinhalb Metern Tiefgang auch kleine Flüsse befahren. Einen Helm mit Tierhörnern tragen die Nordmänner auf ihren Eroberungszügen nicht, "weil es die nicht gab", so Brather. Die Überfallenen sind nahezu wehrlos, die Wikinger schlagen schnell zu und verschwinden genauso schnell. Manche Klöster und Städte zahlen Schutzgelder, um den Plünderungen zu entgehen.

Die skandinavischen Seeräuber rauben, brandschatzen und handeln drei Jahrhunderte lang. Doch irgendwann fehlt den Banden der Nachwuchs aus der Heimat, wo die Raubzüge immer negativer angesehen werden. Einige Nordmänner lassen sich in eroberten Gebieten nieder und integrieren sich, zum Beispiel in der Normandie.

Stand: 08.06.2013

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