Giuseppe Verdi ist ein Mann des Volkes, der sich nicht zu schade ist auch einmal mit anzupacken. So jedenfalls sieht sich der Opernkomponist am liebsten. "Der Maestro befindet sich in einem Brunnen in Sant‘ Agata", schreibt er einmal in seinem Landgut nahe Roncole im Herzogtum Parma. "Es ist ihm in den Sinn gekommen, eine Dampfmaschine bauen zu lassen, um Wasser aus einem kleinen Bach abzuleiten. Der vorgenannte Maestro ist den ganzen Tag dort unten, um die Arbeiter aufzumuntern."
Ab 1860 widmet sich Verdi völlig der Erweiterung seines Landes zwischen Mailand und Parma, das immerhin 1000 Hektar umfasst und rund 200 Bauern samt ihrer Familien Arbeit gibt. Zehn Jahre wird er nicht mehr komponieren: "Ich habe bisher nichts geschrieben, weil ich von morgens bis abends auf dem Feld bin, in den Wäldern, unter Bauern und Vierbeinern". Zu dieser Zeit ist ihm der intrigenreiche Musikbetrieb von Paris, Mailand oder Neapel herzlich egal.
Der Einheit Italiens verpflichtet
Geboren wird Verdi am 10. Oktober 1813 als Sohn eines Ladenbesitzers in Roncole. Seine Eltern schicken ihn in die benachbarte Kleinstadt Busseto auf die höhere Schule, wo er das Orgelspiel erlernt; als Zehnjähriger wird er in der Kirche seines Geburtsorts Organist. Dank eines Stipendiums kann Verdi in Mailand Privatunterricht nehmen. Zuvor ist er 1832 vom dortigen Konservatorium abgelehnt worden: nicht aus Mangel an Talent, sondern aufgrund der falschen Herkunft aus der Lombardei - einer Region, die unter französischer Besatzung steht.
Die Zersplitterung Italiens wird später Thema von Verdis 1842 in Mailand uraufgeführten Oper "Nabucco", in der ein Sklavenchor von der Sehnsucht nach der verlorenen Heimat singt; sie begründet Verdis Ruhm als Komponist der nationalen Einheit. Die nachfolgenden Opern "Die Lombarden" (1843), "Attila" (1846) oder "Die Schlacht von Legnano" (1849) weisen den Komponisten ebenfalls als Sympathisanten der italienischen Freiheitsbewegung des Risorgimento aus. Zu dieser Zeit muss er eine Oper nach der anderen produzieren, da seinen Werken noch kein nachhaltiger Erfolg beschieden ist.
Natürliche Handlung, natürlicher Gesang
Das ändert sich erst Anfang der 50er Jahre des 19. Jahrhunderts, die als Höhepunkt in Verdis Schaffen gelten: Mit "Rigoletto" (1851), "Der Troubadour" (1853) und "La Traviata" (1853) – der "populären Trilogie" – sichert sich Verdi seinen festen Platz im Opernolymp. Dabei wendet er sich bewusst gegen die festgefahrenen Strukturen des zeitgenössischen Opernbetriebs. Und er setzt mit einem Bucklingen, einer Zigeunerin und einer Prostituierten Außenseiter der Gesellschaft ins Zentrum des Geschehens: damals durchaus ein unerhörter Akt.
So natürlich wie die Handlung will Verdi auch den Gesang. Primadonnen verlangt er nicht mehr die damals üblichen, halsbrecherischen Koloraturen ab: "Die Künstler, die Damen und die Herren, sollen singen und nicht schreien!" lautet seine Devise. Deshalb bringt Verdi mit dem Bariton auch einen neuen Stimmtypus auf die Bühne: eine Männerstimme, die dem gesprochenen Wort am nächsten kommt und zwischen Gesang und Rede ohne große Brüche wechseln kann.
Ein Altersheim als "bestes Werk"
1869 wird das Kairoer Opernhaus mit Verdis "Rigoletto" eingeweiht, ein Jahr später komponiert er mit "Aida" eine weitere seiner berühmtesten Opern. 1896 gründet Verdi mit der Casa di Riposo per Musicisti in Mailand sein nach eigener Aussage "bestes Werk": ein Altersheim für Musiker, Sänger und Komponisten, das bis heute besteht.
Der Casa vermacht Verdi einen Großteils seines Vermögens und auf 70 Jahre die Tantiemen für alle seine Kompositionen; seine Eröffnung zögert er aus Bescheidenheit bis zu seinem Tod hinaus. Guiseppe Verdi stirbt 1901 in Mailand. Er hinterlässt 27 größere Werke einschließlich eines opernhaften Requiems.
Stand:10.10.2013
Programmtipps:
Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Freitag gegen 17.40 Uhr und am Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.
"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 10. Oktober 2013 ebenfalls an Giuseppe Verdi. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.