Stichtag

26. Januar 2009 - Islands Regierung zerbricht an der Finanzkrise

In Island wird 2007 so viel Champagner verkauft wie noch nie. Die Wirtschaft boomt. Seit das Land um die Jahrtausendwende seine Finanzmärkte liberalisiert hat, erobern die drei großen Banken des Landes die Welt: Kaupthing, Landsbanki und Glitnir werden zu Global Playern im Investmentgeschäft. Sie gründen Niederlassungen in London und New York, kaufen Banken in Dänemark und Schweden. Die sogenannten Wirtschaftswikinger bescheren Island die weltweit größte Wirtschaftsleistung pro Kopf.

Doch der Traum endet jäh. Als im August 2007 in den USA die Immobilienblase platzt, fallen auch an der isländischen Börse die Kurse. Innerhalb eines halben Jahres sinkt der Wert um 40 Prozent. Die isländische Zentralbank bräuchte dringend Devisen, um die heimische Währung zu stützen. Doch die Zentralbanken der USA, Großbritanniens und der EU lassen Island im Stich - obwohl das Land fast schuldenfrei ist. Island soll für andere kleine Länder mit hohen Schulden als Warnung dienen, vermutet Ásgeir Jónsson, Ex-Chefökonom der Kaupthing Bank, später.

"Gott segne Island"

Als am 15. September 2008 die US-Investmentbank Lehman Brothers zahlungsunfähig ist, wirkt sich das auch auf Island aus: Die Sparer wollen ihr Geld zurück. Doch die isländischen Banken haben Schulden angehäuft, die zehn Mal so groß sind wie die jährliche Wirtschaftsleistung des Landes. Sie sind "too big to save" - zu groß, um vom Staat gerettet zu werden. Am 6. Oktober 2008 erklärt Ministerpräsident Geir Haarde den Notstand: "Wenn es jemals eine Zeit gab, in der die isländische Nation zusammenstehen musste", dann sei dies der Moment. "Gott segne Island."

Innerhalb von nur drei Tagen und mit Hilfe eilends erlassener Notgesetze werden alle drei Banken der isländischen Zentralbank unterstellt und aufgeteilt: In einer Bad Bank werden die Auslandsschulden gesammelt. Eine neue Bank übernimmt die Spareinlagen der Isländer. Fast das gesamte isländische Finanzsystem bricht zusammen. Die Aktien an der Börse von Reykjavik verlieren drei Viertel ihres Wertes. Die Gläubiger der Banken müssen alleine bei den Anleihen rund 85 Milliarden Dollar abschreiben. Der Staat ist zwar nicht bankrott, aber der Regierung nützt das nichts mehr. Sie hat das Vertrauen der Isländer verloren. Jeden Samstag protestieren Demonstranten vor dem Parlament, mit Töpfen und Pfannen. Am Schluss sind es zehntausende - bei einer Gesamtbevölkerung von rund 320.000 Einwohnern.

Hilfskredite nach Neuwahlen

Die Kochlöffel-Revolution hat Erfolg. Am 26. Januar 2009 zieht sich die Unabhängigkeitspartei nach fast 38 Jahren an der Regierung aus der Koalition zurück. Die Sozialdemokraten dürfen bleiben, weil sie erst seit 2007 dabei sind. Gemeinsam mit den Grünen gewinnen sie die Neuwahlen. Island bekommt Hilfskredite von Internationalen Währungsfonds. Dennoch steigt die Arbeitslosigkeit auf zehn Prozent.

Im Januar 2013 erhält Island vor dem Gerichtshof der Europäischen Freihandels-Assoziation EFTA Recht: Die Regierung muss nicht einstehen, wenn der Einlagesicherungsfonds der Banken nicht ausreicht. Zudem durfte Island seine eigenen Bürger bei der Abwicklung der Banken bevorzugen. Derweil erholt sich die Wirtschaft langsam: Die billige Krone erleichtert den Export von Fisch und Aluminium. Durch die Abwertung boomt zudem der Tourismus.

Stand: 26.01.2014

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