1989 ist das Jahr der Freiheit. In Deutschland fällt die Mauer. Und in Island fällt ein Gesetz, das die Nation seit 74 Jahren gespalten hat. Am 1. März 1989 sind die Kneipen auf der Insel im hohen Norden rappelvoll. Denn zum ersten Mal seit einem knappen Vierteljahrhundert dürfen die Nachkommen der trinkfreudigen Wikinger ganz legal dem Biergenuss frönen.
"Es ist vor allem das Gefühl, das Gefühl der Freiheit, dass wir überall auch bei uns Bier kaufen können", sagt eine Frau an diesem "Tag des Bieres". Und ein Wirt ergänzt: "Biertrinken ist einfach ein Menschenrecht – ein Grundrecht, das uns über 70 Jahre lang vorenthalten worden ist."
Wein für Fisch
Die Menschenrechtsverletzer in Island sind die Abstinenzler. Ende des 19. Jahrhunderts warnen sie vor den negativen Folgen des Alkohols. Ihr Einfluss ist immens: Per Volksentscheid stimmt eine Mehrheit der Isländer für die totale Prohibition, die 1915 in Kraft tritt. Allerdings hat sie in dieser extremen Form nicht lange Bestand. Denn die Handelspartner, auf die der Inselstaat angewiesen ist, erhöhen ihren Druck.
Vor allem Spanien, das von Island Fisch bezieht, fordert im Gegenzug die uneingeschränkte Einfuhr von Wein. Ab 1935 sind Wein und Schnaps auf der Insel wieder käuflich zu erwerben. Nur Bier mit mehr als 2,25 Prozent Alkohol bleibt verboten. Bierdealer auf dem Schwarzmarkt machen gute Geschäfte.
Dann haben ein paar Studenten eine zündende Idee, die das Fass ins Rollen bringt. Nach einem Auslandssemester in Deutschland mit den Vorzügen der deutschen Kneipenkultur infiziert, mischen sie in der Heimat mit einem selbstgebauten Mixer Leichtbier mit Wodka und Wein. Das "Bierartige" ("Bjorliki") entwickelt sich zum Verkaufsschlager. Der Staat beschließt zu handeln.
Gut für die Gesundheit
1988 beschließt das isländische Parlament, das Bierverbot aufzuheben. Auch wenn Alkohol auf Island noch immer sehr teuer und nach wie vor nur in staatlich lizenzierten und streng kontrollierten Geschäften und Kneipen zu bekommen ist, fühlt sich das Volk befreit.
Auch der Volksgesundheit hilft die neue Freiheit auf die Sprünge: Mit der Zulassung des Bieres sinkt die Zahl alkoholabhängiger Lebererkrankungen rapide. Von den starken Alkoholika nimmt sofort ein Großteil der Isländer Abstand.
Stand: 01.03.2014
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