Portrait Linus Pauling

Stichtag

19. August 1994 - Todestag des Chemikers Linus Pauling

Als Linus Pauling eines Tages mit einem Freund von der Schule nach Hause geht, fragt der ihn: "Soll ich dir ein paar chemische Experimente zeigen?" Der 13-jährige Pauling sagt ja und bewundert Chemikalien und Gerätschaften auf dem Zimmer seines Freundes. An dem Tag entdeckt Pauling die Chemie als Leidenschaft seines Lebens. "Chemie ist wunderbar. Ich bedaure alle Leute, die keine Chemie kennen. Eine Substanz verwandelt sich in eine andere - das faszinierte mich", sagt Linus Pauling noch 70 Jahre später vor Studenten. Immer wieder macht er mit radikalen Positionen auf sich aufmerksam, sagt zum Beispiel öfter, dass ein Leben als Wissenschaftler befriedigender sei als jedes andere Leben. Viele nennen ihn deswegen den "Cowboy der Wissenschaft". Er hat viele Facetten, ist genialer Wissenschaftler, Friedensapostel und Medizinguru in einer Person.

Pauling überträgt die Regeln der Quantenmechanik auf die Chemie

1901 im US-Staat Oregon geboren, verliert er den Vater, einen Apotheker, schon mit neun Jahren. Gegen den Wunsch der Mutter studiert er und ist ein Überflieger, zumindest in den USA. Als er mit einem Stipendium nach Europa kommt, lernt er Respekt vor den europäischen Forschern. "Ich empfand einen gewissen Schock, als ich 1926 nach Europa ging und entdeckte, dass es dort eine ganze Reihe an Leuten gab, die mir schlauer vorkamen, als ich es war." Heisenberg und andere entwickeln zu der Zeit die Quantenmechanik. In einem Geniestreich überträgt der 25-jährige Pauling deren Regeln auf die Chemie.

"Schon 1926 erkannte ich, dass die Quantenmechanik viele Fragen der chemischen Bindung und der Struktur von Molekülen und Kristallen lösen konnte. Und so wandte ich sie in den nächsten zehn Jahren höchst erfolgreich auf die Chemie an", erklärt Pauling.

Pauling warnt vor Folgeschäden der Radioaktivität

Sein Buch "Die Natur der chemischen Bindung" wird 1939 zum Klassiker unter Chemikern. Mit seinen Bindungsregeln sagt er die chemische Struktur von Molekülen voraus und überprüft sie mit Röntgenuntersuchungen. 1948 entschlüsselt er mit dieser Methode die Struktur der Proteine im menschlichen Körper, die schraubenförmige Alpha-Helix.

Zwei junge Konkurrenten in England machen es ihm nach und entdecken 1953 die Doppelhelixstruktur der DNA, des Erbmoleküls. Vielleicht sind sie Linus Pauling zuvorgekommen, weil er nicht zu einer wichtigen Tagung nach London reisen durfte. Nachdem er die Atompolitik der US-Regierung aggressiv attackiert hatte, wurde ihm vorgeworfen unter kommunistischem Einfluss zu stehen und der Reisepass abgenommen. Doch der Chemienobelpreis, den er 1954 für seine Erkenntnisse der Alpha-Helix erhält, macht ihm Mut, sich weiter gegen Atomwaffentests einzusetzen. Vor den Folgeschäden der Radioaktivität warnen er und seine Frau Ava Helen Miller in Hunderten Aufrufen und Reden.

Das Teststoppabkommen kommt 1963 – und Pauling erhält den Friedensnobelpreis. Von zwei Nobelpreisen beflügelt, will er nun ausschließlich mit hohen Dosen an Vitamin C Erkältungen und Krebs bekämpfen. Viele Kollegen und Mediziner lehnen seine kruden Therapien ab. Trotz Vitamin C erliegt Paulings Frau dem Krebs und auch er selbst. Am 19. August 1994 stirbt er mit 93 Jahren an Prostatakrebs. Bis zu seinem Tod ist er davon überzeugt, den Krankheitsausbruch um 20 Jahre nach hinten verschoben zu haben - mit der Einnahme von täglich 10.000 Milligramm Vitamin C und 800 Milligramm Vitamin E, einem Vielfachen dessen, was zum Beispiel die Deutsche Gesellschaft für Ernährung als Tagesdosis empfiehlt.

Stand: 19.08.2014

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