Der Buchautor und Journalist Florian Illies hat die inzwischen 30- bis 40-Jährigen als Generation Golf bezeichnet, doch sie müsste Generation Gameboy heißen. "Überall in der Öffentlichkeit spielten die Menschen in den 90er-Jahren plötzlich Videospiele, im Zug, im Bahnhof, auf der Bank im Park", sagt Andreas Lange, Direktor des Computerspielemuseums in Berlin. Das japanische Unternehmen Nintendo hatte den Gameboy 1989 auf den Markt gebracht. Gegründet wurde der Spielwarenhersteller jedoch bereits 100 Jahre zuvor, am 23. September 1889.
Nintendo verändert die Videospielbranche für immer
Zunächst verkauft Nintendo traditionelle Hanafuda-Spielkarten, eine Art Rommé mit Blumenmotiven. Nach dem Zweiten Weltkrieg liegen die Beziehungen zu den USA zwar auf Eis. Trotzdem handelt Hiroshi Yamauchi, der Urenkel des Nintendo-Gründers, einen Vertrag mit Disney aus. Statt Blumen druckt Nintendo nun Bambi-und Micky Maus-Figuren auf seine Karten. Der Aufstieg zum Weltkonzern gelingt Nintendo Anfang der 1980er-Jahre, mit dem Einstieg in die amerikanische Videospielbranche. "Nirgendwo auf der Welt werden so viele Videospiele verkauft wie in den USA", analysiert Nintendo-Chef Hiroshi Yamauchi.
Der Konzern kauft einige tausend Arcade-Automaten und stellt in einem Glücksgriff den gerade 20-jährigen Shigeru Miyamoto ein, um Spiele dafür zu entwickeln. "Miyamoto war Musiker, aber offensichtlich in der Lage, große Teams zu leiten und zu organisieren", sagt Andreas Lange vom Computerspielemuseums. Mit Spielen wie Donkey Kong, Super Mario und Legends of Zelda verändert Miyamoto die Videospielbranche für immer. Vor seiner Zeit mussten sich Spieler damit begnügen, auf unbeweglichen schwarz-weißen Bildschirmen Weltraummonster abzuschießen. Mit dem Klempner Super Mario bewegen sie sich erstmals durch bunte Welten und echte Geschichten. "Das höchste Ziel der Unterhaltungsbranche ist es, etwas Neues und Einzigartiges zu schaffen. Dann hat es die Konkurrenz schwer. Diese Philosophie Yamauchis hat mich nachhaltig geprägt", sagt Miyamoto.
Sogar in Altersheimen stehen plötzlich Konsolen
Seit Mitte der 80er-Jahre bestimmt der japanische Hersteller den Markt für Konsolen und Computerspiele wie kaum ein anderer. 1989, im Jahr als in Deutschland die Mauer fällt, bringt Nintendo den Gameboy auf den Markt – im Doppelpack mit dem Spiel Tetris. Der Suchtfaktor ist hoch: Nintendo verkauft über 100 Millionen Stück.
Doch Anfang der 90er-Jahre begeht Nintendo einen Fehler. Der Konzern kündigt einen Vertrag mit dem Unternehmen Sony, das ursprünglich ein CD-Laufwerk für Nintendos NES-Konsole entwickeln sollte. Sony ist verärgert, baut eine eigene Konsole – die Playstation – und löst Nintendo für Jahre als Weltmarktführer ab. Die Rückkehr an die Weltspitze gelingt Nintendo erst mit der Wii. Ausgestattet mit einer Art Fernbedienung, können die Spieler zum ersten Mal echte Bewegungssignale an die Konsole übermitteln. Sogar in Altersheimen stehen plötzlich Nintendo-Konsolen.
Doch seit drei Jahren macht Nintendo Verluste. Die Konkurrenz ist mit den Konsolen von Microsoft und Sony groß. Dazu kommen viele aufwändige Spiele für PCs auf den Markt. Bisher verfolgte Nintendo die Strategie, Top-Spiele wie Super Mario, Zelda oder Pokemon nur auf den eigenen Konsolen laufen zu lassen und keine Lizenzen für andere Geräte zu verkaufen. Das Vorgehen rächt sich nun, weil viele Gamer es inzwischen gewohnt sind, ihre Spiele aus riesigen Online-Bibliotheken direkt auf ihre Smartphones und Tablets zu laden. "There's trouble in Mario’s house – Mario hat Ärger im Haus", schrieb das Social-Media-Onlineportal Mashable kürzlich.
Stand: 23.09.2014
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