Feuerwerk im Vordergrund Förderturm der Zeche Zollverein

Stichtag

9. Januar 2010 - Eröffnung von Europas Kulturhauptstadt Ruhr 2010

Schon Tage vor dem Großereignis hat Tief "Daisy" ganz NRW fest im Griff. Doch arktischen Temperaturen, eisigen Straßen und Dauerschneefall zum Trotz strömen am 9. Januar 2010 rund 100.000 Menschen ins Weltkulturerbe Zeche Zollverein in Essen. Unter dem Motto "Wir sind das Feuer" feiern sie die Eröffnung der Kulturhauptstadt Ruhr 2010. Beim offiziellen Festakt mit viel Pyrotechnik und Revierpathos heizen Sänger Herbert Grönemeyer sowie einheimische Tänzer und Performancekünstler den 1.200 geladenen Gästen ein.

Zum Abschluss der Eröffnungsfeier und Start in ein aufregendes Jahr entflammt ein Feuerwerk den Himmel über der neuen Kulturhauptstadt Europas. Seit 1985 vergibt die Europäische Union diesen Titel jährlich. Er soll vor allem weniger beachteten Städten helfen, ihr kulturelles Erbe zu entdecken und darzustellen, das Miteinander der Menschen fördern und - nicht zuletzt - den Tourismus ankurbeln. Mit dem Ruhrgebiet hat die EU erstmals eine ganze Region als Kulturhauptstadt auserkoren.

"Local Hero" für eine Woche

Ruhr 2010, das sind, vertreten von der Metropole Essen, insgesamt 53 Städte des Ruhrgebiets. Obwohl die prägende Ära der Schwerindustrie Vergangenheit und der erzwungene Strukturwandel vielerorts geschafft ist, leiden sie noch immer unter dem Image des dreckigen Kohlenpotts. "Fragen Sie mal außerhalb, da denken sie immer noch, bei uns fliegen die Briketts durch die Gegend", weiß Fritz Pleitgen, ein gebürtiger Duisburger. Als Geschäftsführer der Ruhr 2010 GmbH ist es dem früheren WDR-Intendanten wichtig, aus dem Kulturhauptstadtjahr "kein Mega-Kunst-Festival zu machen, sondern eine Kultur für alle, an der auch alle als Akteure teilnehmen können."

Jede der 53 Städte von Alpen bis Xanten steht eine Woche lang als "Local Hero" im Fokus der Ruhr 2010. Leitthemen wie "Starke Orte – Kunst im Revier", "Musik leben" oder "Theater wagen" gliedern den umfangreichen Veranstaltungskalender, laden zum Entdecken, Staunen und Mitmachen ein. Das revierweite Großereignis "Schachtzeichen" macht die Kulturhauptstadt erstmals für alle Bewohner der Region sicht- und spürbar. Eine Mai-Woche lang veranschaulichen rund 400 gelbe Ballons die Blütezeit des Bergbaus an der Ruhr. Heliumgefüllt markieren sie in 80 Meter Höhe jene Orte, an denen früher die Fördertürme der Zechen aufragten.

Volksfest auf der Autobahn

Auch weniger Kultur-nahe "Ruhries" entdecken nun ihren Stolz "auf datt, watt unser Pott so alles zu bieten hat". An einem herrlichen Sonntag im Juli erleben die Menschen von Duisburg bis Dortmund ein neues Gemeinschaftsgefühl. 20.000 Tische reihen sich auf der gesperrten A40 zum "Still-Leben Ruhrschnellweg" und Millionen feiern ein 60-Kilometer-Volksfest auf Deutschlands sonst meist befahrener Autobahn. Umso tiefer wirkt der Schock, als es sechs Tage später beim nächsten Massen-Event der Ruhr 2010 zur tödlichen Katastrophe kommt. Bei der Loveparade in Duisburg sterben 21 Menschen, Hunderte werden verletzt.

Fritz Pleitgen übernimmt betroffen "eine moralische Mitverantwortung für die Tragödie". Zugleich betont der Ruhr 2010-Chef aber "die Verpflichtung", das Kulturhauptstadtjahr erfolgreich zu Ende zu führen. Und das gelingt, wie die seither deutlich gestiegene Zahl an Besuchern aus aller Welt zeigt. Kultur, das hat die Ruhr 2010 bewiesen, gibt es im Revier noch im abgelegensten Winkel zu entdecken. Der Macher Pleitgen schiebt derweil schon das nächste Revier-Ereignis an: "Ich bin ganz zuversichtlich, dass wir 2020 wieder ein ähnlich großes Projekt im Ruhrgebiet erleben. Statt zur Kultur dann vielleicht zum Klima."

Stand: 09.01.2015

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