Die Farben eines Großmarkts, die Fron in einer Kohlemine oder der Zynismus betuchter Biedermänner: Als einer der wichtigsten Vertreter des Naturalismus im 19. Jahrhundert hat der französische Autor Émile Zola die von Paris geprägte Gesellschaft seiner Epoche lebendig gemacht.
Wenn es darum geht, Missstände wie den herrschenden Antisemitismus aufzuzeigen, nimmt Zola als Dichter und Journalist kein Blatt vor den Mund. So wird er zu einem der populärsten und meist gehassten französischen Schriftsteller seiner Epoche. Sein Tod ist programmatisch für sein Leben, in dem er vor allem die schmutzigen, verbrecherischen Seiten der Gesellschaft darstellt: Zola wird von einem Rechtsradikalen ermordet – mit Ofenruß.
In Zyklen schreiben
Geboren wird Zola am 2. April 1840 in Paris. Sein Vater ist Bauingenieur; für ein Kanalprojekt übersiedelt die Familie 1843 nach Aix-en-Provence. In der Schule wird der spätere Maler Paul Cézanne sein Freund. Gemeinsam entwickeln sie erste Vorstellungen von der Kunst und ihrem Verhältnis zur Wirklichkeit. 1858 übersiedelt Zola mit seiner Mutter zurück nach Paris, wo er in bescheidenen Verhältnissen lebt und sich durch schlecht bezahlte Kunstkritiken in Zeitschriften über Wasser hält. Hier erscheinen auch erste kritische Beiträge des Autors über das französische Kaiserreich, ebenso wie insgesamt über 100 Erzählungen und Fortsetzungsromane.
1870 heiratet Zola die junge Näherin Éléonore-Alexandrine Meley. Da hat er sich mit seinem dritten Roman "Thérèse Raquin" (1867) über eine Näherin, die aus Leidenschaft zu einem anderen Mann ihren ungeliebten Gatten ermordet und, von Schuld geplagt, langsam dem Wahnsinn verfällt, in Literaturkreisen bereits einen Namen gemacht. Ein Jahr nach der Hochzeit erscheint der Roman "Das Glück der Familie Rougon": der erste Band des auf 20 Bücher angelegten Zyklus "Die Rougon-Macquart", der Zola 20 Jahre lang beschäftigen wird. In ihm versucht der Autor mit positivistisch-naturwissenschaftlichen Mitteln die "Natur- und Sozialgeschichte einer Familie im Zweiten Kaiserreich" aufzuzeichnen, wie es im Untertitel heißt.
Spätestens mit "Die Rougon-Macquart" begründet Zola die literarische Strömung des Naturalismus. Einzelne Bände wie "Nana" (1880), "Germinal" (1885) oder "Das Geld" (1891) werden zu Klassikern. Später folgen Zyklen über Lourdes, Paris und Rom ("Drei Städte", 1894-1898) sowie zu den Themen Fruchtbarkeit, Arbeit, Wahrheit und Gerechtigkeit ("Vier Evangelien", 1899-1902).
Vom Star zum Nestbeschmutzer
1898 schreibt Zola unter dem Titel "J’accuse…!" ("Ich klage an..!") in der Tageszeitung "L'Aurore" einen offenen Brief an den Präsidenten der Französischen Republik, Félix Faure, in dem es um die Verurteilung des jüdischen Hauptmanns Alfred Dreyfus wegen angeblicher Spionage für die Deutschen geht. Darin wirft der Autor Richtern und hochrangigen Militärs vor, aus purem Antisemitismus Beweise gefälscht und ein Fehlurteil gefällt zu haben, um Dreyfus durch lebenslange Haft auf der Teufelsinsel vor der Küste von Französisch-Guayana in Südamerika aus dem Verkehr zu ziehen. Eine Verleumdungsklage ist die Folge. 1898 wird Zola verurteilt und flieht für ein Jahr nach London. Obwohl er in seinem Brief nachweislich die Wahrheit schreibt, wird der berühmteste Romancier des Landes für viele Franzosen zum Nestbeschmutzer.
In der Folge sieht sich Zola rechtsradikalen Anfeindungen ausgesetzt. Einmal wird seine Kutsche fast in die Seine gestürzt, ein andermal findet er in seiner Wohnung eine Bombe. Zola stirbt 1902 in Paris an einer Rauchvergiftung. Ursache ist ein verstopfter Kamin, den der antisemitische Schornsteinfeger Henri Buronfosse vorsetzlich präpariert hat. Um eine "zweite Affäre Dreyfus" zu vermeiden, wird der Tod als Unfall deklariert. Noch am Tag der Beisetzung rufen 200 rechtsextreme Demonstranten auf dem Friedhof "Tod dem Schwein Zola".
Stand: 02.04.2015
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