Mitte der 50er Jahre erobern Tiere die bundesdeutschen Wohnzimmer. Schuld daran ist der Tierarzt, Verhaltensforscher und Zoodirektor Bernhard Grzimek, der in seiner vom Hessischen Rundfunk (HR) produzierten TV-Sendung "Ein Platz für Tiere" immer wieder auch Schimpansen, Wüstenfüchse oder Tapirkinder mit ins Studio bringt. An Grzimek, so scheint es, führt fernsehzoologisch in der ARD kein Weg vorbei.
Trotzdem entscheidet sich der Norddeutsche Rundfunk (NDR) mit dem Verhaltensforscher und Kameramann Heinz Sielmann zu einem Kontrastprogramm. Am 18. April 1965 wird dessen Sendung "Expeditionen ins Tierreich" erstmals ausgestrahlt. Seitdem spaltet sich die bundesrepublikanische Welt der Tierfans in zwei Lager.
"Mr. Woodpecker"
Geboren wird Sielmann 1917 in Rheydt bei Mönchengladbach. Mit 18 Jahren hält er im Zoologischen Institut von Königsberg seinen ersten Vortrag. Seine Filmkarriere beginnt 1938, als er mit "Vögel über Haff und Wiesen" seinen ersten – noch stummen – Tierfilm dreht. Statt an die Ostfront darf Sielmann als Belohnung nach Kreta, um Verhaltensforschung mit der Kamera zu betreiben. 1945 gerät er in Kriegsgefangenschaft und nutzt sein Talent, um bei der BBC auszuhelfen. Danach dreht er für das Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht (FWU) Tierdokumentationen für Schulkinder, aber auch fürs Kino, zumeist aus heimischen Gefilden.
Die meisten von Sielmanns Filmen, die zum Teil in Kooperation mit dem Verhaltensforscher Konrad Lorenz entstehen, werden auch in England gezeigt. Darunter ist neben "Quick, das Eichhörnchen" (1952) auch "Zimmerleute des Waldes" (1954). Für beide wird Sielmann mit dem Bundesfilmpreis ausgezeichnet. Der Film über Spechte mit aufsehenerregenden Bildern aus dem Innern eines Brutplatzes bringt Sielmann in England den Spitznamen "Mr. Woodpecker" ein.
Absturz im Privatfernsehen
Mit seiner eigenen Filmreihe "Expeditionen ins Tierreich", die er auch moderiert, betritt Sielmann oftmals Neuland. Er fährt auf die Galapagos-Inseln, macht im Dschungel von Papua-Neuguinea erstmals Aufnahmen von Paradiesvögeln und dreht einen der ersten Filme über Berggorillas. Aber er hat auch heimisches Rotwild, Störche, Fischotter und Buntbarsche im Repertoire. Da er wegen der vielen Sendungen nicht alles selber filmen kann, wird für die "Expeditionen ins Tierreich" auch Material angekauft. Sielmann kaschiert dies dadurch, dass er Kommentare aus dem Off selber einspricht.
1991 verlässt Sielmann als Moderator nach 179 Folgen die "Expeditionen ins Tierreich". Ein Jahr später startet er mit "Sielmann 2000" bei RTL eine Reihe im Privatfernsehen. Der NDR beendet daraufhin die Zusammenarbeit, die neue Reihe wird aufgrund von mangelnder Quote schon nach zehn Folgen abgesetzt. Sielmann stirbt 2006 in München. "Expeditionen ins Tierreich" gibt es immer noch.
Stand: 18.04.2015
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