Stichtag

14. April 1865 - Attentat auf US-Präsident Abraham Lincoln

Der 16. Präsident der Vereinigten Staaten ist spät dran an diesem Abend des 14. April 1865. Als er seine Loge in "Ford's Theater" nur einen Steinwurf vom Weißen Haus entfernt betritt, ist der erste Akt bereits vorüber. Das Publikum erhebt sich applaudierend; das Orchester spielt "Hail to the Chief", die Hymne des amerikanischen Präsidenten. Abraham Lincoln nimmt Platz und plaudert mit seiner Frau. Obwohl es Hinweise auf eine Verschwörung gegen den Präsidenten gibt, suchen sich seine Sicherheitsbeamten bessere Plätze im Parkett.

Als der 26-jährige Schauspieler John Wilkes Booth, Prototyp des gut aussehenden jugendlichen Helden, am Mittag des 14. April in "Ford's Theater" kommt, erfährt er von Lincolns Besuch am Abend. In seinem Tagebuch notiert er: "Ihm (Lincoln) verdankt unser Land all sein Unglück. Gott hat mich einfach zum Instrument seiner Vergeltung erkoren. "Ursprünglich plante Booth, den Präsidenten zu entführen. So wollte er den seit vier Jahren schwelenden Bürgerkrieg zwischen den Nord- und den Südstaaten (Konföderation) zugunsten des Südens entscheiden. Ein zentraler Punkt in diesem so genannten Sezessionskrieg ist die Forderung Lincolns und des Nordens, dass der Süden die Sklaverei abschaffen solle. Doch Booth ändert seinen Plan, denn vor wenigen Tagen hatte General Robert E. Lee vor der Nordstaaten-Armee kapitulieren müssen, was den endgültigen Sieg für Lincoln bedeutete.

Ohne Verdacht zu erregen, gelangt der Schauspieler bis zu Lincolns Loge und verbarrikadiert die Außentür mit einem Stock. In dem Moment, als im Theater Szenenapplaus aufbrandet, reißt er die Innentür auf. Aus nächster Nähe schießt Booth dem überraschten Präsidenten mit einem Derringer-Taschenrevolver in den Kopf. Einen zu Hilfe eilenden Major verletzt er mit einem Dolch. Dann springt Booth mit dem Ruf "Sic semper tyrannis" (so soll es immer den Tyrannen ergehen) auf die Bühne und entkommt im allgemeinen Tumult. Noch in der Nacht erliegt der 57-jährige Abraham Lincoln seinen schweren Verletzungen. Erst wenige Wochen zuvor ist der Präsident, von seinen Anhängern als "honest Abe" (ehrlicher Abe) geachtet, in seiner zweiten Amtszeit bestätigt worden. Nun ist er als erster amerikanischer Präsident Opfer eines Attentates geworden. Obwohl Informationen über mögliche Hintermänner des Südstaaten-Fanatikers Booth vorliegen, bleiben die Umstände des Mordes im Dunkeln – wie knapp 100 Jahre später im Fall John F. Kennedy. Und wie Kennedys Mörder Oswald überlebt auch John Wilkes Booth sein Opfer nur kurz. Zwölf Tage nach dem Attentat wird er von Kavalleristen erschossen.

Stand: 14.04.2005