Stichtag

27. August 2005 - Für Werner Wallert endet die Geiselnahme auf Malaysia

Die Entführer kommen mit Schnellbooten übers Wasser. In Bikini und Badehose stehen die Urlauber auf der Insel Jolo vor Malaysia plötzlich vermummten Männern mit Maschinengewehren gegenüber. 21 Touristen verschleppt die Gruppe um den kindhaft kleinen Rebellenführer, Kommander Robot, am Ostersonntag 2000 in ein Lager mitten im philippinischen Dschungel. Darunter auch drei Deutsche: Renate und Werner Wallert mit ihrem Sohn Marc aus Göttingen.Nach den Entführern kommen die Journalisten. Rund drei Dutzend quartieren sich in die zwei Hotels der Ferieninsel ein. Sie helfen mit, dass die Entführer die Geiselnahme als Medienspektakel inszenieren können. Fast ungehindert geht die Presse im Dschungelcamp von Kommander Robot ein und aus. Im Fernsehen bekommt die deutsche Öffentlichkeit vor allem die kranke Renate Wallert zu Gesicht, die durch zwölf lange Wochen Gefangenschaft, Todesdrohungen und permanente Schusswechsel im Dschungel mit den Nerven am Ende ist. "Heulsuse" titeln die Boulevardmagazine.

Renate Wallert wird als erste freigelassen. Am 27. August 2000 folgt ihr Mann, nach 127 Tagen Geiselhaft. Knapp zwei Wochen später ist auch Sohn Marc wieder zu Hause. Was Außenminister Joschka Fischer misslang, ist auf Vermittlung von Lybiens Staatschef Gaddafi und mit Hilfe von mehreren Millionen US-Dollar gelungen. Das Geld, das seine Unterhändler überbringen, wird offiziell als "Entwicklungshilfe" deklariert. In Freiheit wünscht sich Werner Wallert Gerechtigkeit. "Ich würde mich freuen, wenn ich irgendwann mal lesen würde, dass die verhaftet und ihrem gerechten Schicksal zugeführt worden sind", sagt der Lehrer. Der Wunsch geht in Erfüllung. Kommander Robot wird später von philippinischen Militärs festgenommen. Er stirbt bei einer Gefängnisrevolte im März 2005.Stand: 27.08.05