Wo sehen Sie die thematischen Schwerpunkte in den letzten zweieinhalb Jahren im HFA?
Gisela Hinnemann, Vorsitzende des Haushalts- und Finanzausschusses
Der thematische Schwerpunkt des Haushalts- und Finanzausschusses liegt immer auf den Haushaltsberatungen. Das muss auch so sein und das war auch in den letzten zweieinhalb Jahren so. Das Recht und die Pflicht des Rundfunkrats, den Etat des größten Senders in der ARD zu prüfen und am Ende zu genehmigen, ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, die wir sehr ernst nehmen. Der Haushaltsplan ist ein extrem umfangreiches Werk: fast 200 Seiten Haushaltsplan mit zehn Einzelplänen, etlichen Tabellen und noch mehr Erläuterungen, plus vier Anhängen. Dies alles einer gewissenhaften Prüfung zu unterziehen, gelingt nur mit einem klaren Blick auf die Aufgabenstellung, unter Zuhilfenahme strategischer Leitplanken und in enger Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsrat.
Ein weiterer Schwerpunkt für den HFA liegt in der Begleitung des KEF-Verfahrens. Denn das, was die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) den öffentlich-rechtlichen Sendern für eine sogenannte „Beitragsperiode“ von vier Jahren an Mitteln zubilligt, setzt den Rahmen für die Etatplanung. Das Haushaltsrecht kann also faktisch nur mit Blick auf das KEF-Verfahren ausgeübt werden. Deshalb setzen wir uns als HFA einerseits dafür ein, vom WDR noch stärker in die Anmeldung der Finanzbedarfe bei der KEF eingebunden zu werden. Andererseits äußern wir uns auch gegenüber den medienpolitischen Verantwortlichen zur Umsetzung der KEF-Empfehlung, wie bspw. in unserer Stellungnahme vom 18. April 2024. Darin hat der Rundfunkrat auf Empfehlung des HFA gefordert, im Notfall auch den Rechtsweg zu beschreiten, wenn die Länder ihrer Pflicht nicht nachkommen, für eine auskömmliche Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu sorgen.
Zudem haben wir in den letzten zweieinhalb Jahren viel Grundlagenarbeit geleistet. Nicht ganz unwichtig: Nach der Neukonstituierung 2021 waren weit über die Hälfte der Mitglieder des HFA neue Rundfunkratsmitglieder – einige bereits vorher in stellvertretender Funktion, viele aber auch ganz neu. Und der HFA hat äußerst komplexe Sachverhalte zu beraten. Deshalb haben wir in den ersten zweieinhalb Jahren auch immer wieder Themen grundsätzlich angeschaut und uns quasi im laufenden Betrieb weitergebildet, etwa in den Themen Altersversorgungssysteme, ARD-Finanzausgleich oder GSEA (Gemeinschaftssendungen, -einrichtungen und -aufgaben der ARD). Schon allein die Begriffe klingen kompliziert, nicht wahr?
Nicht außer Acht lassen möchte ich außerdem die zahlreichen und intensiven Auseinandersetzungen des HFA mit Fragen der Personalwirtschaft: die Beratung der Berichte der Gleichstellungsbeauftragten, der Integrationsbeauftragten, der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen im WDR, die Mitarbeiterstatistik und die Personalentwicklungsstrategie, um nur einige zu nennen.
Können Sie uns die Arbeitsweise des HFA aus Ihrer Sicht skizzieren?
Der HFA ist mit aktuell 14 Mitgliedern im Vergleich zu den anderen beiden Ausschüssen ein recht kleiner Ausschuss. Das macht aber auch seinen Charme aus! In dieser etwas kleineren Runde lässt sich intensiv und konzentriert an den Sachthemen arbeiten. Der HFA kommt in der Regel sechs Mal im Jahr zusammen und hat dabei stets volle Tagesordnungen. Die Tagesordnungen stelle ich gemeinsam mit dem stellvertretenden HFA-Vorsitzenden Christian Hülsmeier auf. Gemeinsam bereiten wir die Sitzungen inhaltlich vor und werden dabei tatkräftig von zwei Referenten und einer Sachbearbeiterin aus der Geschäftsstelle unterstützt. Als Ehrenamtler sind wir auf die professionelle Zuarbeit der Gremienbüros angewiesen. Vielen Dank an dieser Stelle dafür!
Ein Spezifikum des HFA ist es, dass wir sehr eng mit dem Verwaltungsrat zusammenarbeiten. Das ist insofern sinnvoll, als der Verwaltungsrat unser Expertengremium für alle Finanz- und Wirtschaftsangelegenheiten ist. Wir schätzen die Sachkunde unseres Verwaltungsrats außerordentlich und bauen mit unseren Analysen gerne auf seiner Vorarbeit auf. So heben wir auch in der Gremienarbeit Synergien. Aus diesem Grund haben wir die Zusammenarbeit in den letzten zweieinhalb Jahren noch weiter ausgebaut.
Besonders intensiv ist dieses verschränkte Arbeiten selbstverständlich bei den Haushaltsberatungen. Die Verwaltungsratsvorsitzende bringt den Haushalt des Folgejahres inklusive Stellungnahme und intensiver Vorprüfung in den Rundfunkrat ein. Der HFA berät die Zahlenwerke dann auf Grundlage der Verwaltungsratsanalysen mit Blick auf die großen strategischen Fragen, v.a. die der Gewährleistung der Einhaltung des Programmauftrags. So können wir dem Rundfunkrat schließlich eine fundierte Empfehlung für seine Entscheidung zur Genehmigung des Haushalts vorlegen.
Der HFA ist als Ausschuss für die Erstellung einer Compliance-Richtlinie sowie eines Public Corporate Governance Kodex zuständig (gewesen). Was bedeuten diese beiden Regelwerke und wieso sind sie nötig?
Auch auf diesem Feld haben HFA und Verwaltungsrat zuletzt konstruktiv zusammengearbeitet: bei der Festlegung auf eigene Standards, was die Unabhängigkeit und Integrität der Gremien sowie „Good Governance“ in der ARD angeht. So haben wir im intensiven Austausch eine gemeinsame Compliance-Richtlinie für die WDR-Aufsichtsgremien erarbeitet und verabschiedet.
Dafür hatte uns die ARD-Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK), sozusagen der Dachverband aller ARD-Aufsichtsgremien, eine Rahmenrichtlinie zur Verfügung gestellt. Das soll garantieren, dass die Compliance-Standards in allen ARD-Gremien vergleichbar (hoch) sind. Für die WDR-Gremien galten die meisten Bestimmungen zwar bereits, wir haben aber durch die Richtlinie erneut für Compliance im WDR sensibilisiert und nun z.B. erstmals konkrete Regelungen zur Annahme von Einladungen, Tickets und Veranstaltungen etc. vereinbart. Auch beim Public Corporate Governance Kodex, dem ARD- und organübergreifenden Regelwerk für gute Unternehmensführung und -kontrolle, stimmt sich der HFA mit dem Verwaltungsrat ab. Wie kann sorgfältige Unternehmenskontrolle gelingen? Welche Aufgabenteilung und welche Prozesse braucht es dafür? Wie können diese besser ineinandergreifen, um möglichst viel Transparenz zwischen den Organen aber auch gegenüber der Öffentlichkeit zu schaffen? Wie funktioniert der „Dampfer ARD“ mit seinen vielen Abstimmungs- und Entscheidungsfindungsprozessen? Die Antworten auf all diese Fragen soll der Kodex geben und Möglichkeitsräume für eine noch wirksamere und effizientere Unternehmensführung und -kontrolle eröffnen. Wir arbeiten daran mit!
Mit Blick in die Zukunft: Was wird Ihrer Meinung nach in der zweiten Hälfte der Amtszeit die Arbeit des HFA prägen?
Auch hier zieht er sich wie der rote Faden durch die Arbeit des HFA: der Haushalt. Wir haben in den vergangenen zweieinhalb Jahren schon viel am Verfahren der Haushaltsberatungen optimiert. Wir haben – wie schon erwähnt – die Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsrat gestärkt, uns ein „Mission Statement“ für unsere Arbeit gegeben, das „Klein-Klein“ der Haushaltsberatungen durch strategische Leitfragen abgelöst – auch unterstützt durch den Input des Programmausschusses und des Ausschusses für Rundfunkentwicklung und Digitalisierung. Und wir setzen mehr und mehr auf die Bewertung der Etat-Entwicklung in mittel- und langfristiger Perspektive anhand von Kennzahlen. Hier sind wir aber noch auf dem Weg, und deshalb formuliere ich an dieser Stelle auch ein Ziel des HFA für die zweite Hälfte seiner Amtszeit: Fortentwicklung von relevanten Kennzahlen inkl. Maßstäben zu deren Bewertung. Dazu stehen wir im regelmäßigen Austausch mit den Verantwortlichen im WDR und sehen uns als Treiber dieser wichtigen Entwicklung.
Und, ganz klar: Wir werden die wichtigsten strukturellen und finanziellen Rahmenbedingungen weiterverfolgen und uns dazu positionieren. Die ARD ist dabei, weitreichende Reformen umzusetzen – nicht mehr nur in Technik und Verwaltung, sondern auch im Programm. Aber auch die Medienpolitik arbeitet an Reformen, von denen noch ungewiss ist, wie sehr sie den WDR verändern werden. Diese Prozesse, die vom Gesetzgeber noch nicht beschlossene Umsetzung der KEF-Empfehlung, aber auch die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung stellen den WDR vor große Herausforderungen – auch und gerade finanziell. Der HFA, als Vertreter der Allgemeinheit in Fragen der bedarfsgerechten Ausstattung des WDR, wird zu kraftvollen Reform- und Einsparschritten ermutigen, hat dabei aber immer im Blick, dass der Programmauftrag des WDR erfüllt werden muss. Bei allen Veränderungsprozessen sind wir Berater und Impulsgeber. Zuletzt im April 2024 hat der Rundfunkrat den WDR auf Empfehlung des HFA dazu aufgefordert, angesichts der finanziell enger werdenden Spielräume die strategischen Prioritäten zu überprüfen, die Unternehmensziele zu aktualisieren und Entscheidungsspielräume und Sparziele auf diese aktualisierte Zukunftsstrategie abzustimmen.