Homeoffice-Boom

Chance für Pop-Up-Wege und Gummi-Tram

Stand: 14.05.2020, 12:00 Uhr

Stellt euch vor, auch nach der Corona-Zeit arbeiten weiterhin viele Leute vom Home Office aus. Die Straßen wären freier, es gäbe weniger Staus. Eine schöne Vorstellung und eine Chance für veränderte Mobilität, meint Martin Gent.

Der persönliche Eindruck deckt sich mit dem vieler Homeoffice-Tätigen. Zuhause arbeiten wäre gut auch ohne Corona – nicht immer, aber immer öfter. Eine Mischung 2:3 zwischen Zuhause und Büro könnte ganz gut sein. Natürlich kann nicht jede Arbeit ins Homeoffice verlegt werden, aber grob über den Daumen könnte mehr Homeoffice schon zehn bis 20 Prozent weniger Pendlerverkehr bedeuten.

 Etwas weniger Verkehr – viel weniger Stau

Das klingt nach sehr wenig, macht aber mehr aus, als viele denken. Verkehrs-Experten sprechen vom Ferien-Effekt. In den Ferien sind ungefähr zehn bis 30 Prozent weniger Autos auf den Straßen und viele Staus wie weggeblasen.       D.h. die vielen Staus in der Rush-Hour sind auf Überlastung zurückzuführen. Nimmt man die Spitze raus, fließt der Verkehr besser. Aber Vorsicht: Weniger Staus, das kann auch Menschen wieder ins Auto locken, die vielleicht auf Bus und Bahn umgestiegen waren. Und dann sind die Staus wieder da.

Pop-Up-Radwege in Berlin

Weniger Pendler, das bedeutet mehr Platz in den Städten. Da stecken viele Chancen drin, indem die die Straßenflächen gerechter aufgeteilt werden und Radfahrer sowie Fußgänger mehr Platz bekommen. Jetzt in der Krise haben wir beispielsweise in Berlin so genannte Pop-Up-Radwege kennen gelernt – ein Projekt für mehrspurige Straßen. Eine Spur weniger für Autos, stattdessen eine Radspur hübsch abgetrennt. Wobei hier hübsch ernst gemeint ist, man muss das so machen, dass das Auge nicht beleidigt wird.

Platz für Busspuren und Gummi-Trams

Der Vorschlag zu „Gummi-Trams“ kommt von der Denkfabrik Agora Verkehrswende.  Man kann das im Ausland schon anschauen, z.B. im französischen Nancy. So eine „Gummi Tram“ sieht aus wie eine Straßenbahn, fährt mit Oberleitung aber auf Gummirädern. Eine Linie ist viel einfacher und schneller zu bauen als eine Straßenbahn, aber ähnlich attraktiv, vor allem dann, wenn die Bahn in Stau-Zonen auf eigenen Spuren Vorrang hat. So eine „Gummi-Tram“ kann - besser als Busse - auch kurze Stücke mal durch eine Fußgängerzone fahren, also dahin, wo die Menschen hinwollen.

Hier sehen Sie Beiträge von Martin Gent, Redakteur und Reporter in der WDR-Wissenschaftsredaktion QUARKS. Als Mobilitätsexperte ist er stets auf der Suche nach Perspektiven für den Verkehr von morgen. Dieser Beitrag lief in WDR COSMO am 14.05.2020

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