Die SPD-Abgeordnete Högl spricht den Zeugen Markus Weber während der Befragung im NSU-Untersuchungsausschuss im Juli 2012 auf ein Flugblatt an, das nach dem Anschlag im November 2004 in einer Kölner Straßenbahn gefunden und in den Akten abgeheftet worden ist. Darin heißt es: "Wie Sie vielleicht wissen, ist die Keupstraße bewohnt von sehr vielen Ausländern und das gefällt sehr vielen Deutschen nicht." Und fett gedruckt: "Deutsche wehrt euch!" Auf dem Flugblatt sei ein handschriftlicher Vermerk vom März 2005 zu finden, der den Text in sein Gegenteil verdrehe und ihn fälschlicherweise als "Widerstand gegen Ausländerfeindlichkeit" deute, sagt Högl.
Aus Webers Sicht lässt das Flugblatt jedoch Interpretationen in beide Richtungen zu: "'Wehrt euch', im Sinne geht gegen Ausländer vor – oder: 'Wehrt euch', geht gegen ausländerfeindliche Leute vor." Daraufhin fragt der Grünen-Abgeordnete Wolfgang Wieland den früheren Ermittlungsleiter, ob er denn wisse, was in der Nazi-Zeit beim Boykott jüdischer Läden an die Schaufenster geschrieben worden sei. "Das könnte ich Ihnen im Detail jetzt nicht wiedergeben", antwortet Weber. Wieland klärt ihn auf: "In der Regel stand da: 'Deutsche! Wehrt euch! Kauft nicht bei Juden!'" Deswegen verstehe er nicht, wie bei der Polizei ein solches Flugblatt "quasi als neutral" ausgelegt werden könne.
Mehr Geschichtsbewusstsein zeigt anschließend der pensionierte Kölner Oberstaatsanwalt Josef Rainer Wolf bei seiner Vernehmung durch den Ausschuss. Eva Högl fragt ihn: "Ist das aus Ihrer Sicht nicht absurd, dieses Flugblatt so falsch zu verstehen?" Wolf, der bei der Kölner Staatsanwaltschaft die politische Abteilung geleitet hat, antwortet: "Ich interpretiere so ein Flugblatt, dass jemand seine innere Sympathie mit dem Vorkommnissen in der Keupstraße zum Ausdruck bringen will."