Seit Tagen wird in mehreren Medien darüber spekuliert, dass der geheime Mitarbeiter des NRW-Verfassungsschutzes, Johann H., mit einer der NSU-Taten in Verbindung stehen könnte. Die ehemalige Leiterin des NRW-Verfassungsschutzes, Mathilde Koller, hat im Februar 2012 in einem Vermerk an die Generalbundesanwaltschaft eine Ähnlichkeit zwischen V-Mann und dem Phantombild festgestellt, das die Kölner Polizei 2001 veröffentlicht hatte.
Bombe in Christstollendose versteckt
Damals war in einem Lebensmittelladen an der Kölner Probsteigasse am 19. Januar 2001 eine Bombe explodiert. Die 19-jährige Tochter des iranisch-stämmigen Inhabers wurde dabei schwer verletzt. Sie hatte eine Christstollendose mit dem darin versteckten Sprengsatz geöffnet, die von einem Mann in einem Geschenkkorb im Geschäft zurückgelassen worden war. Die Polizei fertigt nach den Angaben des Geschäftsinhabers ein Phantombild an. Die Suche nach dem Täter blieb damals allerdings erfolglos.
Anwalt: "28 Jahre lang wertvolle Quelle"
Auch nach dem Hinweis der NRW-Verfassungsschutzchefin Koller im Jahr 2012 ist V-Mann H. nicht von der Polizei vernommen worden. Das bestätigen sowohl Ermittler als auch der Anwalt von Johann H. dem WDR-Magazin WESTPOL. "Er wurde nie dazu vernommen, weil den Beamten klar war, dass er mit der Tat nichts zu tun haben konnte", sagt der auf Medienrecht spezialisierte Kölner Anwalt Ralf Höcker. "Es liegen ja keine Verdachtsmomente gegen ihn vor. Es ist nie gegen ihn ermittelt worden, er ist nie vernommen worden."
Höcker verweist außerdem darauf, dass sein Mandat zum Tatzeitpunkt kurze Haare getragen habe und deutlich kleiner sei als der Mann, den die Opfer als Täter beschrieben hatten. Er sei zudem kein Neonazi, sondern vom Verfassungsschutz NRW in die rechtsextreme Szene eingeschleust worden. Die Berichterstattung über den Vermerk des NRW-Verfassungsschutzes habe für H. zur Folge, "dass er jetzt als Quelle des Verfassungsschutzes verbrannt ist, als Quelle, die über 28 Jahre lang sehr, sehr wertvolle Arbeit geleistet und die rechtsextreme Szene ausgeforscht hat."
Kritik der Opfer-Anwältin
Die Kölner Opfer-Anwältin Edith Lunnebach kritisiert gegenüber WESTPOL, dass der V-Mann des NRW-Verfassungsschutzes nicht vernommen wurde, obwohl er bereits 1985 wegen eines Sprengstoffdeliktes verurteilt worden war, eine Ähnlichkeit zum Phantombild aufweise und bis heute unklar sei, wo er sich zum Zeitpunkt der Tat in der Probsteigasse aufgehalten habe.