Bochum, was wird aus dir?
Nach dem Aus für das Opel-Werk
Stand: 18.04.2013, 17:45 Uhr
Der Verlust von Nokia ist noch nicht verkraftet, nun geht Opel. Experten sehen Bochum in schwerer Krise. Die Stadt setzt auf Wissenschaft und auf die Werksflächen. Und Peter Neururer fordert "Gas geben, bis die Dichtung platzt".
Am Tag nach dem beschlossenen Aus für das Opel-Werk zum Jahresende 2014 machte Bochum am Donnerstag (18.04.2013) neue Negativschlagzeilen. In einem Städte-Ranking des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Institut (HWWI) landete Bochum gemeinsam mit anderen Revierstädten auf einem der hinteren Plätze. Die Aussicht der Ruhrgebiets-Kommunen auf Bevölkerungs - und Jobwachstum sei am niedrigsten, erklärte HWWI-Direktor Professor Thomas Straubhaar zu den wirtschaftlichen Perspektiven. Fast zeitgleich teilten die Bochumer Stadtwerke mit, dass sie aus der Affäre um Honorare für prominente Teilnehmer von Talkrunden wie SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück finanzielle Konsequenzen ziehen. Die Stadtwerke kürzen ihre Sponsoring-Ausgaben.
Warnung vor Schwarzmalerei
Keine Frage, Bochum hat im Moment keinen besonders guten Lauf. Schlechte Nachrichten sind an der Tagesordnung. Durch das Ende der Autoproduktion bei Opel droht der Verlust von 3.200 Arbeitsplätzen. An Opel hängen zudem zahlreiche Jobs bei Zulieferbetrieben in der Region. Luidger Wolterhoff, Chef der Bochumer Arbeitsagentur, warnt mit Blick auf den lokalen Arbeitsmarkt dennoch vor Schwarzmalerei: "Die Situation ist für eine Ruhrgebietsstadt relativ günstig." Im März betrug die Arbeitslosenquote in Bochum 10,5 Prozent, in den Nachbarstädten Essen und Dortmund war sie mit 12,6 und 13,5 Prozent ein gutes Stück höher. Der starke Hochschulsektor und die wachsende Gesundheitswirtschaft seien stabilisierende Faktoren auf dem Arbeitsmarkt, so Wolterhoff. Auf sechs Hochschulen, von der großen Ruhr-Universität bis zu einer privaten Business School, verweist man im Rathaus. Immerhin, die neue Fachhochschule für Gesundheitsberufe hat Bochum 2009 bei einer landesweiten Ausschreibung der Nachbarstadt Essen vor der Nase weggeschnappt.
Nokia-Verlust noch nicht ausgeglichen
Wie schwer der Verlust von Jobs auszugleichen ist, musste Bochum nach dem Aus des Nokia-Werks erfahren. Der finnische Handy-Hersteller hatte 2008 seine Produktion überraschend dichtgemacht und nach Rumänien verlagert. Rund 4.000 Beschäftigte im Werk und bei Zulieferern hatten dort zu Spitzenzeiten gearbeitet. Ein mit 53 Millionen Euro dotiertes Hilfsprogramm, von Nokia und dem Steuerzahler gefüllt, sollte für Ersatzarbeitsplätze sorgen. Bis zu 3.000 neue Jobs könnten mit Hilfe der Finanzspritze innerhalb von zehn Jahren entstehen, hieß es damals. Davon ist man in Bochum noch ein gutes Stück entfernt. Etwa 1.400 Arbeitsplätze sind bisher entstanden.
Appelle an Opel
Wenn der letzte Opel Ende 2014 vom Band gerollt ist, steht Bochum erneut vor dem Problem, möglichst schnell Industriearbeitsplätze ersetzen zu müssen. Wieder soll das riesige Werksgelände der Schlüssel zur Lösung sein. Opel müsse "verbindliche und klare Zusagen für die Entwicklung der Flächen" geben, fordert Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz (SPD) vom Autokonzern. Daran hapert es offenbar. Rund 170 Hektar sind die Opel-Flächen in Bochum groß. "Sie müssen so schnell wie möglich in das Eigentum der Kommune", sagt der Sprecher der IHK Bochum, Jörg Linden. Ideen und Potenzial, die Flächen nach einer Aufarbeitung zu nutzen, gebe es in der Bochumer Wirtschaft genug.
Hoffnung durch Fußball?
Der Fußball gibt vielen Bochumern in diesen Tagen neuen Mut - oder zumindest etwas Ablenkung. Nach Jahren des Niedergangs hat der traditionsreiche VfL Bochum im Abstiegskampf der 2. Fußball-Bundesliga Hoffnung geschöpft. Vor dem richtungweisenden Spiel gegen den FC St. Pauli an diesem Freitag (19.04.2013) sagte der als "Feuerwehrmann" zurückgeholte frühere und neue VfL-Trainer Peter Neururer: "Die Spieler sollen Gas geben, bis die Dichtung platzt." Solche Malocher-Sprüche kommen an im Ruhrgebiet. Das Bochumer Stadion an der Castroper Straße wird wohl erstmals seit längerer Zeit wieder voll werden - unter den Zuschauern dürften auch etliche Opelaner sein.