"Es ist ein interessanter Vorgang, dass unser Ministerpräsident sich wochenlang auf Bundesebene für eine bundeseinheitliche Karte einsetzt und wir jetzt selbst entscheiden und selbst bezahlen sollen". Das sagt Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal. Hintergrund ist die Einigung der Bundesländer (außer Bayern und Mecklenburg-Vorpommern), in ganz Deutschland eine Bezahlkarte für Asylbewerber einzuführen. Das Land NRW hatte daraufhin aber angekündigt, dass die Kommunen selbst entscheiden könnten, ob sie die Karte wollen oder nicht – dann aber auch die Einführung selbst bezahlen müssten.
Land unterstützt Kommunen finanziell
Inzwischen ist die Lage eine andere. Nach der Kritik mehrerer Kommunen hatte eine Regierungssprecher zurückgerudert und gesagt, dass die Einführung der Karte in Nordrhein-Westfalen nicht an den Kosten scheitern werde. "Das Land wird die Kommunen, wenn nötig, unterstützen". Das wiederrum begrüßen mehrere kommunale Spitzenverbände und forderen eine einheitliche Lösung für NRW. Einen grundsätzlichen Streit zwischen den Kommunen und dem Land über die Bezahlung scheint es also nicht mehr zu geben. Für die Kommunen ist aber klar, dass sie weder auf den Kosten sitzen bleiben dürfen, noch dass der Verwaltungsaufwand mit Einführung der Karte steigt.
Viele offene Fragen
Allerdings sind noch immer viele Detailfragen offen. Unklar ist, welche Gruppe von Asylbewerbern genau die Karte bekommen soll. Und auch, wie viel der Sozialleistungen nicht mehr in bar, sondern als Guthaben auf die Karte ausgezahlt werden soll, womit die Menschen dann einkaufen gehen können. Ein alleinstehender Asylbewerber bekommt in Deutschland maximal 460 Euro im Monat. Oft ist es allerdings weniger, wenn zum Beispiel keine Wohnungsmiete gezahlt werden muss, weil die Person in einer Unterkunft lebt. Ob man mit der Karte auch Geld abheben können soll, ist ebenfalls noch nicht geklärt, zumal kein Konto an die Karte angebunden werden soll. Welcher Finanzdienstleister die Bezahlung mit der Karte abwickelt, ist auch noch offen.
Bezahlung nur in Deutschland
Geeinigt haben sich die Länder bislang nur darüber, dass die Bezahlkarte nur innerhalb Deutschlands genutzt werden kann und dass Überweisungen damit nicht möglich sind, auch nicht von einer Karte zur anderen. Allerdings sollen die Nutzer ihre aktuelles Guthaben einsehen können. Berlin hat schon angekündigt, die Karte erst 2025 einzuführen. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern wollen eine eigene Lösung finden und keine bundeseinheitliche Karte einführen.
Der Sinn der Karte
Hintergrund ist, dass verhindert werden soll, dass Asylbewerber staatliches Geld nicht selbst nutzen sondern zu ihren Familien in die Heimat schicken. Bislang werden Sozialleistungen bar ausgezahlt, was die Menschen damit machen, bleibt ihnen überlassen. Durch die Guthabenkarte soll sichergestellt werden, dass mit dem Geld nur noch eingekauft werden kann. Der Sozialwissenschaftler Özgür Özvatan von der Humboldt-Universität Berlin bezweifelt, dass staatliche Sozialleistungen ein "Pullfaktor" für Asylbewerber seien, nach Deutschland zu kommen. Entscheidend seien vielmehr "Pushfaktoren" wie staatliche Verfolgung und Krieg. Zudem würden größere Summen von Geflüchteten erst nach Hause überwiesen, wenn die Menschen selbst Geld hier verdienten.