Bundesgerichtshof: Birkenstock-Sandalen sind keine Kunst | WDR Aktuell
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Bundesgerichtshof: Birkenstock-Sandalen sind keine Kunst
Stand: 20.02.2025, 10:19 Uhr
Birkenstock-Sandalen gelten nicht als Kunst und genießen folglich keinen Urheberrechtsschutz. Dieses Urteil verkündete der Bundesgerichtshof und wies damit eine Klage des Unternehmens gegen Nachahmer ab.
Als in den 1960er-Jahren die erste Birkenstock-Sandale vorgestellt wurde, war der heutige Erfolg der Marke nicht absehbar. Mittlerweile hat sich die Gesundheitssandale zum Trendschuh entwickelt - und die Aktien der deutschen Firma werden an der New Yorker Börse gehandelt.
Nach Ansicht des Herstellers sind seine Modelle Kunstwerke und dürften deshalb von anderen Unternehmen nicht kopiert werden. Doch diese Ansprüche hielten vor dem Bundesgerichtshof nicht Stand. "Die Ansprüche sind unbegründet, weil es keine urheberrechtlich geschützten Werke der angewandten Kunst sind", sagte der Vorsitzende Richter Thomas Koch in Karlsruhe.
Worüber wird genau gestritten?
Der Erste Zivilsenat des Bundesgerichtshofs beschäftigte sich mit drei Klagen von Birkenstock gegen Konkurrenten. Diese hatten Sandalen im Angebot, die - so der Vorwurf von Birkenstock - den Birkenstock-Sandalen zu ähnlich sehen sollen.
Der Schuhhersteller Birkenstock mit Hauptsitz in Linz am Rhein in Rheinland-Pfalz sah darin einen Verstoß gegen das Urheberrecht. Denn Birkenstock-Sandalen seien Werke der angewandten Kunst, die nicht einfach nachgeahmt werden dürften, argumentierte das Unternehmen.
Worum geht es beim Urheberrecht?
Das Urheberrecht verleiht dem sogenannten Schöpfer eines Werkes zunächst die exklusiven Nutzungsrechte an diesem Objekt. Dritte dürfen es also nicht ohne Erlaubnis wiedergeben oder vervielfältigen.
Anders als zum Beispiel das Patent- oder Designrecht dient das Urheberrecht dem Schutz kreativer Leistungen. Urheberrechtlich geschützt sind etwa Schriftwerke, Filme, Computerprogramme - sowie Werke der bildenden oder angewandten Kunst.
Warum hält Birkenstock seine Sandalen für Kunst?
"Etliche Möbel, Lampen oder zum Beispiel auch Automodelle wie der Ur-Porsche sind von den Gerichten bereits urheberrechtlich geschützt anerkannt worden", sagte Birkenstock-Anwalt Konstantin Wegner dem MDR. "Wir betrachten die Birkenstock-Sandalen als so etwas wie den Porsche unter den Sandalen."
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Im Fokus: Vier Birkenstock-Modelle
Konkret ging es um vier Modelle: "Arizona" (die Sandale mit zwei breiten Riemen), "Madrid" (mit einem Riemen), "Gizeh" (mit Zehentrenner) sowie den Clog "Boston". Das Unternehmen bezeichnet sie als Klassiker, die typischerweise mit der Marke in Verbindung gebracht würden.
Wegners Argumentation: Sowohl einzelne Elemente wie Schnallen, Materialien oder die Riemenführung, als auch die Kombination dieser Elemente machten die Sandalenmodelle zu Werken der angewandten Kunst und begründeten den Urheberrechtsschutz. Das Design von Erfinder Karl Birkenstock im Stil Brutalismus sei einmalig gewesen, als die Klassiker zuerst erschienen.
Hintergrund ist, dass Urheberschutz noch 70 Jahre nach dem Tod des Schöpfers gilt. Designschutz endet dagegen nach 25 Jahren. Da der 1936 geborene Schuhmacher Karl Birkenstock lebt und seine ersten Modelle in den 1970er- Jahren schuf, hätte der Schutz vor Nachahmern nur erreicht werden können, wenn die Sandalen als Werke der angewandten Kunst eingestuft werden. Designschutz war dagegen für die frühen Modelle abgelaufen.
Wie haben die Vorinstanzen entschieden?
Die Vorinstanzen waren sich uneinig. Vor dem Landgericht Köln hatten die Birkenstock-Klagen mit dieser Argumentation Erfolg. Das Oberlandesgericht Köln wies sie in der Berufung dagegen ab. Die Sandalen erfüllten die Anforderungen an ein urheberrechtlich geschütztes Werk der angewandten Kunst nicht, entschied das Oberlandesgericht Köln im Januar 2024.
Es sah keine künstlerische Leistung - der kreative Gestaltungsspielraum werde dadurch eingeschränkt, dass es sich um Gesundheitssandalen handle, die sich am natürlichen Gang orientieren. Birkenstock wandte sich deshalb an den BGH, um die Urteile überprüfen zu lassen. Der BGH als höchste Instanz für Zivilstreitigkeiten bestätigte nun das Oberlandesgericht in Köln. Damit wurde die Revision von Birkenstock gegen die Urteile des OLG Köln zurückgewiesen.
Welche Folgen hat das BGH-Urteil haben?
Die Konkurrenzprodukte müssen nicht vom Markt genommen werden und dürfen weiter verkauft werden. Der Anwalt von Birkenstock, Konstantin Wegner, sagte nach dem Richterspruch, die Sandalen hätten ein "ikonisches Design" und kündigte weitere Verfahren an. In diesen Verfahren wolle man noch Argumente nachlegen. In Deutschland und anderen europäischen Ländern laufen noch ähnliche Gerichtsverfahren. Vertreter von Birkenstock setzen darauf, dass schlussendlich der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheidet.
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagenturen DPA und AFP
- Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes
- § 2 Geschützte Werke des Urheberrechtsgesetzes
- Artikel zu Birkenstock von mdr.de
- Artikel zu Brutalismus von br.de