Wer in diesen Tagen einen Döner bestellt, bekommt den Strukturwandel in der Landwirtschaft am eigenen Geldbeutel zu spüren. Während vor einem Jahr das Sandwich mit Fleisch vom Drehspieß oft für rund sechs Euro zu haben war, verlangen viele Imbissbetreiber inzwischen um die acht Euro - mit steigender Tendenz.
"Experten prognostizieren, dass der Endpreis für Döner - als repräsentatives Produkt der Fleischverarbeitung - in naher Zukunft kurzfristig die 10-Euro-Grenze erreichen und mittelfristig sogar überschreiten wird", warnt Erdogan Koc, Sprecher des Verbands der Dönerproduzenten.
Höhere Kosten in der Gastronomie
Lange galt der Döner als schnelles, billiges Gericht für unterwegs - eine Art Grundnahrungsmittel für Jugendliche und alle mit wenig Geld. Doch spätestens seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs geht diese Rechnung nicht mehr auf: Angesichts sprunghaft gestiegener Kosten für Energie und Lebensmittel mussten viele Dönerbuden ihre Preise stark erhöhen. Hinzu kamen höhere Personalkosten durch den gesetzlichen Mindestlohn.
Der aktuelle Preisdruck habe aber vor allem mit der Entwicklung auf dem Fleischmarkt zu tun, heißt es. Nach Daten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen sind die Erzeugerpreise bei Kuh- und Jungbullenfleisch alleine in diesem Jahr jeweils um etwa 15 bis 20 Prozent gestiegen. "Es ist eine ganz verrückte Situation", sagt Albert Hortmann-Scholten, Marktexperte der Kammer. Viele neue gesetzliche Auflagen in der Rinderhaltung und die Blauzungenerkrankung hätten das Angebot stark reduziert.
Erste Wirte setzen auf Geflügel
Die aktuelle Teuerungswelle bei Rindfleisch sei bereits im Spätsommer 2024 spürbar gewesen, heißt es weiter. In München hätten daraufhin erste Wirte den Kalbsdöner komplett von der Speisekarte gestrichen. "Da müsste ich an die zehn Euro verlangen, das zahlt keiner", erklärte ein nicht namentlich genannter Budenbesitzer gegenüber dpa-Journalisten. Bei ihm gebe es deshalb nur noch Hühnchen- und Putenfleisch.
Mehr Hackfleisch in den Spieß
Andere Wirte sparen lieber an der Qualität, bevor sie die Kosten an ihre empfindliche Kundschaft weitergeben. Traditionell hergestellte Döner bestehen zwar nur aus hauchdünn geschnittenen Fleischscheiben aus Rind, Lamm oder Kalb. Doch inzwischen verarbeiten die Hersteller auch große Mengen Hackfleisch in den Drehspießen. Laut Gesetz dürfen höchstens 60 Prozent Hackmischung im Spieß stecken, wenn dieser als "Döner" verkauft werden soll. Eine wirksame Kontrolle ist aber kaum möglich - dafür gibt es bei den Kommunen nicht genug Personal.
Der Verband der Dönerproduzenten macht auch den Klimaschutz für die Situation mitverantwortlich: Die EU-Politik zur Reduzierung der Emissionen habe nicht nur in Deutschland zu weitreichenden Veränderungen in der Tierhaltung geführt, sondern auch in anderen wichtigen Fleischproduktionsländern wie den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Polen. "Die dadurch bedingte Verknappung des Angebots führt in Kombination mit einer konstant hohen Nachfrage zu einem stetigen Preisdruck im Fleischsektor", sagt Sprecher Koc.
Dönerpreis als Politikum
Dass der "Dönerpreisindex" nicht nur ein Problem der Gastronomie ist, hat sich vor allem im Jahr 2024 gezeigt. Damals forderte nicht nur die Linkspartei eine "Dönerpreisbremse". Auch die Berliner SPD war im Europawahlkampf mit Döner Kebab für drei Euro auf Stimmenfang gegangen.
Unsere Quellen:
- Deutsche Presse Agentur
- Verein türkischer Dönerhersteller in Europa
- Verband der Dönerproduzenten