Wie wäre es, wenn der eigene Character plötzlich doppelt so schnell rennen könnte, das Sichtfeld größer würde oder das Rennauto ein paar Special-Features bekäme. Alles geht! Einzige Voraussetzung: bitte kurz überweisen. Sogenannte In-Game-Käufe sind inzwischen in vielen Videospielen zu finden. Häufig gibt es sogar Videospiel-eigene Währungen. Nachschub gibt es, indem echtes Geld überwiesen wird.
Die BEUC, ein Zusammenschluss europäischer Verbraucherschützer, hat am Mittwoch eine Beschwerde gegen die Videospielbranche bei der EU eingereicht. Davon betroffen sind auch große Hersteller wie Epic Games, Electronic Arts und Roblox. Der Vorwurf: irreführende Praktiken, die zum Geldausgeben verleiten.
Insbesondere Kinder könnten die tatsächlichen Kosten für Produkte oft nicht erkennen. "Unsere Mitglieder haben zahlreiche Fälle identifiziert, in denen Spieler in die Irre geführt werden, um Geld auszugeben", sagte BEUC-Generaldirektor Agustin Reyna.
So funktionieren In-Game-Käufe
Es gibt verschiedene Arten von Währungen in Spielen. Die einen sind eine Art virtuelle Coins, die durchs Spielen gesammelt werden, etwa durch das erfolgreiche Beenden eines Levels. Diese Coins seien laut der Verbraucherzentralen nicht problematisch.
Auch bei den anderen gehe es um virtuelle Währungen, häufig "gems", "points" oder auch "coins" genannt, die mit "echtem" Geld gekauft werden müssten. Diese Währungen werden vielfach in Paketen angeboten. 5000 gems kosten dann je nach Spiel manchmal 20 € oder mehr, der Spielehersteller kann die Summe frei wählen. Wenn ein Feature in einem Spiel dann 850 gems kostet, ist nicht sofort eindeutig, wie viel Geld ausgegeben wird.
Außerdem ließen sich einige Spiele gar nicht mehr ohne In-Game-Käufe durchspielen, erklärt Martin Gobbin von der Stiftung Warentest.
Mit der virtuellen Währung werden zum Beispiel Schatztruhen geöffnet, in denen sich besondere Gegenstände befinden oder auch neue Kleidung für den eigenen Charakter gekauft.
Kinder sind besonders gefährdet
Mehr als die Hälfte aller Menschen in Europa spielen Videospiele. In der Altersklasse 11-14 Jahre sind es sogar 84 Prozent. Kinder sind es auch, die am meisten Geld für In-Game Käufe ausgeben würden, schreibt die BEUC in der Begründung für die Beschwerde. Im Schnitt seien es pro Kind 39 € im Monat. Dadurch können hohe Kosten entstehen. Laut dem Verband der deutschen Games Branche e.V. wurden im letzten Jahr durch In-App- und In-Game-Käufe 4,7 Milliarden Euro umgesetzt.
Wie schütze ich mich und meine Kinder?
In-Game-Käufe müssen bestätigt werden. Bei Smartphones gibt es sowohl bei Android, als auch bei iOS die Option, die Käufe mit einem Passwort oder einem biometrischen Merkmal wie einem Fingerabdruck zu sichern. Hat das Kind das Passwort nicht, kann es auch keine Käufe tätigen. Bei iOS gibt es zusätzlich die Funktion In-App Käufe ganz abzuschalten.
Für Martin Gobbin von der Stiftung Warentest ist ein anderes Verfahren noch sinnvoller. Er empfiehlt, keine unbegrenzten Zahlungsmittel auf den Smartphones von Kindern zu hinterlegen. Stattdessen können Eltern ihren Kindern Bezahlkarten aus dem Supermarkt schenken. "Die kann das Kind dann ausgeben und lernt auch noch den Umgang mit Geld."
Was fordern Verbraucherschützer von der EU?
Die BEUC fordert in ihrer Beschwerde bei der EU, dass Kosten bei In-Game-Käufen transparenter dargestellt werden müssten. Statt einer virtuellen Währung sollten die tatsächlichen Preise in der jeweiligen Landeswährung aufgeführt werden. Martin Gobbin meint, dass auch eine Altersverifikation oder ein Ausgabenlimit Möglichkeiten für mehr Kinder- und Jugendschutz wären.
Unsere Quellen:
- Newzoo Global Games Market Report
- Website des BEUC
- Nachrichten-Agentur Rhomson Reuters
- Interview mit Martin Gobbin (Stiftung Warentest)
- Website Europäisches Verbraucherzentrum
- jugendschutz.net - Dark Patterns Report
- Website Verband der deutschen Games-Branche e.V.
Über dieses Thema berichten wir im WDR am 12.09.2024 auch im Hörfunk: WDR 2, 13.40 Uhr.