Duschcreme statt Preisgeld: Unterschiede beim Skispringen
Aktuelle Stunde . 01.01.2025. 18:05 Min.. Verfügbar bis 01.01.2027. WDR. Von Carsten Upadek.
Equal Pay Gap im Spitzensport: Duschgel statt Geld für Ski-Springerinnen
Stand: 01.01.2025, 18:38 Uhr
Der Jahreswechsel bedeutet für viele: Vierschanzentournee gucken. Prestige und Geld bleibt jedoch weiterhin den männlichen Skispringern vorbehalten. Warum Duschgel nun die Diskussion um die Bezahlung beim Spitzensport neu angefacht hat.
"Es ist schon ein großer Step, aber es fehlt halt noch sehr, sehr viel", sagte Skispringerinnen Selina Freitag am Silvesterabend im ARD-Interview. Denn für die Frauen gibt es zwar inzwischen eine "Two Nights Tour" zum Jahreswechsel - eine Vierschanzentournee haben die Frauen damit aber immer noch nicht. In Garmisch-Partenkirchen und Oberstdorf gibt es Wettbewerbe, in Innsbruck und Bischofshofen jedoch nicht.
Ungleiche Behandlung im Weltcup
Ski-Springerin Selina Freitag
Doch das ist nicht alles: Nicht nur zwei Schanzen fehlen. Auch beim Preisgeld gibt es zwischen Männern und Frauen riesige Unterschiede:
Auch die Moderatorin des WDR-Podcast "Sport Inside", Nora Hespers, hält das für eine Frechheit:
Die Unterschiede beim Preisgeld werden nicht nur bei der Qualifikation deutlich, auch beim Gesamtsieg sind die Differenzen groß: Ein Weltcupsieg bringt Frauen 4.550 Euro, die Männer erhalten 13.800 Euro. Bei der "Two Nights Tour" gibt es für die Gesamtsiegerin nach zwei Springen 10.000 Euro, der Sieger der Vierschanzentournee der Männer geht mit 106.000 Euro nach Hause.
Der frühere Vierschanzentournee-Sieger Sven Hannawald kommentierte die Duschgel-Prämie der Frauen in der ARD so:
Die "Two Nights Tour" findet auch ansonsten wenig Beachtung - trotz Liveübertragungen bei ARD und Eurosport. Und die Zuschauerzahlen in den riesigen Stadien hängen weit hinter denen der Männer zurück. Besonders drastisch war das an Silvester zu sehen. 10.000 Fans sahen am Nachmittag die Qualifikation der Springer um Pius Paschke. Bei Katharina Schmid und Co. waren es gut eine Stunde später nur noch 3.000 Anhänger.
Beispiel Fußball: Laut DFB Rückstand von 70 Jahren
Im Fußball ist die berühmt-berüchtigte "Mariposa"-Prämie bei der EM 1989 ein Sinnbild für die unterschiedliche Bezahlung von Männern und Frauen. Die deutsche Frauen-Team hatten damals das Tournier erstmals gewonnen, die Spielerinnen durften aber als Amateure kein Geld von der UEFA annehmen. Vom DFB gab es deshalb Kaffeeservice mit Blümchen.
Das deutsche Fußballerinnen-Team holte zuletzt Bronze bei Olympia.
Inzwischen sind die Spielerinnen längst keine Amateure mehr. Aber: Der DFB hat für den Frauenfußball gegenüber dem Männerfußball einen Rückstand in der Organisation um 70 Jahre, im Bundesliga-Betrieb um 34 Jahre und als Live-Medienprodukt um 21 Jahre ausgemacht. Derzeit gibt es Überlegungen, ob ein Mindestgehalt für Spielerinnen möglicherweise ein Ansatz ist.
Diskussion über Mindestgehalt bei Profi-Spielerinnen
Dieses Mindestgehalt soll zwischen 2.190 und 3.650 Euro liegen, fließen soll es an 22 Kaderspielerinnen. Laut DFB verdienen 62 Prozent der Spielerinnen der Frauen-Bundesliga deutlich weniger als 2.920 Euro. Fünfstellige Monatsgehälter kassieren nur vier Prozent aller Aktiven.
Ein Mindestgehalt gibt es bereits in den USA und in England. Die dänische Fußballnationalmannschaft der Herren hat 2024 auf eine Gehaltserhöhung verzichtet, damit die Frauen finanziell gleichgestellt werden. "Equal Pay" gibt es auch in Australien und Neuseeland. Die gleiche Siegprämie bei internationalen Wettbewerben gibt es in der Schweiz, den Niederlanden, Finnland, England oder den USA.
Ursachen für Ungleichheit schon im Vereinssport
Als Grund für die ungleiche Behandlung werden oft die niedrigeren Fernseh-Quoten oder das Interesse an den Frauen-Turnieren genannt. Es geht aber schon viel früher los bei der ungleichen Verteilung von Ressourcen für Vereinssportler.
Zusammen mit dem DFB und dem DOSB blickt das Projekt "Klischeefrei im Sport" kritisch auf die Strukturen in den deutschen Vereinen. Demnach sind zwar jeweils rund die Hälfte der Frauen und Männer sportlich mindestens einmal die Woche aktiv. Aber in den Vereinen, die das Fundament für den Leistungs- und Spitzensport bilden, ist nur in 14 von 66 Spitzenverbänden der Anteil ausgewogen.
Männerdominierte Sportarten werden bevorzugt
Öffentliche Gelder für die Spielstätten oft ungleich verteilt
Geld für den Sport, also zum Beispiel für Spielstätten, gibt es oft von der öffentlichen Hand. Sportstudien einzelner Städte zeigen jedoch, dass Sportfördermittel häufiger in männerdominierte Sportarten fließen beziehungsweise mehr Männer im Rahmen der Vereinsmitgliedschaft von Sportförderung profitieren.
Auch beim Zugang zu den Sportstätten und der Vergabe von Trainingszeiten gibt es laut dem Projekt "Klischeefrei im Sport" Ungleichheiten. Oftmals werden Hallen- und Platzzeiten bevorzugt an männlich dominierte Sportarten oder Mannschaften der Männer vergeben, während Frauen und Mädchen weniger Zugang zu diesen Ressourcen haben. Dies führt zu einer ungleichen Verteilung von Trainingsmöglichkeiten und erschwert eine gleichberechtigte Teilhabe am Vereinssport.
Fortschritt in kleinen Schritten
Bei der Euro 2024 der Herren ging es um diesen Pokal und hohe Prämien.
Zumindest was den Frauen-Fußball angeht, macht die UEFA Hoffnung auf die Zukunft. Bis 2033 prognostiziert sie für den Frauenfußball eine Versechsfachung des kommerziellen Werts. Und kurz vor Weihnachten hat der Verband verkündet, dass das Preisgeld für die Frauen bei der EM 2025 gegenüber 2022 verdoppelt werden soll. 41 Millionen Euro werden dann insgesamt als Prämien vergeben. Bei der EM 2024 der Männer waren es insgesamt 331 Millionen Euro.
Unsere Quellen:
- ARD Sportschau
- SID
- DOSB
- zdf.de
- BR24
Über dieses Thema berichten wir am 01.01.2025 auch im WDR-Fernsehen: Aktuelle Stunde um 18.45 Uhr.