Bei der Suche nach mutmaßlichen Terroristen und Schwerverbrechern sollen Bundeskriminalamt und Bundespolizei künftig auch Gesichtserkennungs-Software einsetzen dürfen. Das sieht ein Gesetzentwurf von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor, wie ein Sprecher am Freitag bestätigte. "Der Spiegel" hatte zuerst darüber berichtet.
Was ist genau geplant?
Die Ermittler sollen etwa Internet-Videos von IS-Mitgliedern mit Bildern in den sozialen Netzwerken abgleichen können, um Hinweise auf den Aufenthaltsort der Islamisten zu erhalten.
Ministerin Nancy Faeser (SPD)
Dafür sollen dem BKA und der Bundespolizei zwei Dinge erlaubt werden: Sie sollen Bilddaten aus dem Internet biometrisch abgleichen dürfen und eine automatisierte Datenanalyse mithilfe von Künstlicher Intelligenz durchführen können. Biometrische Merkmale können neben dem Gesicht auch die Stimme oder der Gang einer Person sein.
Gilt das auch für die Videoüberwachung?
Nein, nach Angaben des Bundesinnenministeriums ist es ausdrücklich nicht geplant, eine Echtzeit-Gesichtserkennung im öffentlichen Raum zu erlauben - etwa durch Videoüberwachung an Bahnhöfen.
Was ist der Anlass für den Gesetzesentwurf?
Die Ermittlungsbehörden drängen schon länger darauf, den Einsatz solcher Instrumente zu erlauben. Neue Nahrung erhielt diese Forderung nach der Festnahme des mutmaßlichen Ex-RAF-Mitglieds Daniela Klette im Februar.
Ein kanadischer Journalist hatte schon Monate zuvor mit einem Gesichtserkennungs-Programm im Internet ältere mutmaßliche Fotos von Klette und ihren Tanzgruppen in Berlin gefunden.
Nach der Festnahme von Klette verwies die Polizei auf hohe rechtliche Hürden, nach denen es nicht immer erlaubt sei, mit bestimmten Programmen das Internet nach Fotos zu durchsuchen. Trotzdem nutzte das BKA offenbar Millionen Bilder aus der Polizeidatenbank, um Gesichtserkennungssoftware zu testen, wie der Bayerische Rundfunk im Mai berichtete.
Was sagt der NRW-Innenminister zum Plan?
Minister Herbert Reul (CDU)
Herbert Reul (CDU) begrüßt den Gesetzesentwurf. "Wenn wir mithilfe von Gesichtserkennung mögliche Extremisten aufspüren können, ist das ein enormer Fortschritt", sagte der NRW-Innenminister am Samstag dem WDR. "KI kann eine große Hilfe sein bei der Verbrechensbekämpfung. Nur wenn wir sie nutzen, haben wir eine Chance. Denn die Verbrecher tun es längst."
Auf die Frage, ob die NRW-Landesregierung für die nordrhein-westfälische Polizei eine ähnliche Regelung anstrebe wie Nancy Faeser für das BKA und die Bundespolizei, ging Reul nicht ein.
Welche Einwände gibt es?
Der grüne Koalitionspartner der SPD in der Ampelregierung sieht das Vorhaben kritisch. Konstantin von Notz, Vize-Vorsitzender der Grünen im Bundestag, verwies gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) auf den Koalitionsvertrag.
Konstantin von Notz (Grüne)
Dieser enthalte eine klare Absage an die biometrische Erfassung zu Überwachungszwecken. "Auch wer freiwillig die Öffentlichkeit eines sozialen Netzwerks sucht, gibt dadurch nicht seine verfassungsrechtlich garantierten Rechte auf."
Der Obmann der Grünen-Bundestagsfraktion im Innenausschuss des Parlaments, Marcel Emmerich, sagte dem RND, es müsse verhindert werden, "dass hochsensible Daten unschuldiger Personen durch KI-Systeme massenhaft" erfasst und ausgewertet würden.
Wie geht es weiter?
Die geplante Gesetzesänderung hat noch mehrere Hürden zu überwinden: Sie muss sowohl vom Kabinett als auch vom Bundestag gebilligt werden.
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa
- Antwort auf WDR-Anfrage an NRW-Innenminister Herbert Reul
- Recherche des Bayerischen Rundfunks