Hochwasser im Osten Europas

Aktuelle Stunde 17.09.2024 32:07 Min. Verfügbar bis 17.09.2026 WDR Von Susanna Zdrzalek

Hochwasser in Österreich, Polen und Rumänien: Zahl der Toten steigt

Stand: 17.09.2024, 18:38 Uhr

Die Hochwasserlage in vielen Regionen in Ost- und Mitteleuropa bleibt dramatisch. In den polnischen Hochwassergebieten wurden weitere Tote entdeckt.

In weiten Teilen des riesigen Katastrophengebietes von Rumänien, Polen über Tschechien bis Österreich bleibt die Lage auch am Dienstag kritisch, die Zahl der Toten stieg auf mindestens 19. Das genaue Ausmaß der Katastrophe ist noch unklar.

Fest steht: Das Hochwasser in den Nachbarländern wird den Osten Deutschlands treffen. Unklar ist, wie schlimm die Überschwemmungen werden.

Die Lage im Überblick:

Keine Gefahr für NRW

Für NRW besteht aktuell keine Gefahr. Der Rhein ist vom Abfluss der Wassermassen aus den drei Nachbarländern nicht betroffen. Außerdem bleibt es bei uns meist trocken.

Pegel der Elbe in Sachsen steigen noch

In Dresden näherte sich der Elbpegel am Dienstag der Sechsmetermarke und damit der Alarmstufe drei, wie die Hochwasserzentrale Sachsen mitteilte. Das Überschreiten dieses Richtwerts wurde in der Nacht zum Mittwoch erwartet.

Bei der Jahrhundertflut 2002 waren es 9,40 Meter. Der in der Elbe liegende Teil der Carolabrücke hat nach Einschätzung der Stadt keine Auswirkungen auf den steigenden Pegelstand. Ein Teil der Brücke war vergangene Woche auf 100 Metern in den Fluss gestürzt.

Am Pegel Schöna an der Grenze zu Tschechien galt nach wie vor die dritthöchste Alarmstufe. Die Pegel an Neiße, Spree und Schwarzer Elster sanken in Sachsen bereits wieder.

Die Oder-Regionen in Brandenburg bereiten sich auf das erwartete Hochwasser am Wochenende vor. Grund zur Panik sehen sie nicht. Krisenstäbe sind einberufen, um die Hochwasser-Entwicklung zu beobachten. Die Flüsse Elbe, Neiße und Spree sind schon über die Ufer getreten.

Lage in Bayern entspannt sich

Der Deutsche Wetterdienst hat am Dienstag alle Unwetterwarnungen wegen ergiebigen Dauerregens für Bayern aufgehoben, nachdem die Regenfälle nachließen. Es könne aber "noch bis über die Wochenmitte hinaus" teils größere Hochwasser an einigen Flüssen geben.

Zuvor hatte der Dauerregen in der Nacht zum Dienstag nach Angaben des Hochwassernachrichtendiensts Bayern die Wasserstände noch einmal verbreitet ansteigen lassen. An der Donau in Passau wurde um Mitternacht die Meldestufe drei überschritten. Der Scheitel sollte dort im Tagesverlauf erreicht werden.

Gefahr von Dammbrüchen in Österreich noch immer hoch

In Österreich ist die Zahl der Todesopfer durch die schweren Überschwemmungen auf fünf gestiegen. Laut Polizei starb eine 81-jährige Frau in ihrem gefluteten Wohnhaus in Würmla in Niederösterreich. Ihre Leiche wurde demnach am Dienstagmorgen von Einsatzkräften entdeckt.

Hochwasser in Österreich, St. Pölten

Hochwasser in Österreich. Blick auf St. Pölten

In Niederösterreich ist nach Angaben der Einsatzleitung die Gefahr von Dammbrüchen weiter hoch. Der Regen hat allerdings aufgehört. In dem Bundesland waren in den vergangenen Tagen regional bis zu 370 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen - ein Mehrfaches der üblichen Monatsmenge.

In Österreich stehen nach Angaben von Kanzler Karl Nehammer aus dem Katastrophenfonds zunächst 300 Millionen Euro zur Beseitigung der Schäden zur Verfügung. Der Hilfstopf könne bei Bedarf noch aufgestockt werden, hieß es. 

Zahl der Toten in Polen steigt

Die Hochwasserlage in Polen ist weiter angespannt. Obwohl es nicht mehr regnet, steigen die Pegelstände im Süden des Landes vielerorts noch an. In der Kleinstadt Nysa rund 90 Kilometer südlich von Breslau verhinderten Einwohner, Feuerwehr und Soldaten, dass Wassermassen der Glatzer Neiße einen Deich durchbrachen, der das Stadtzentrum schützt.

Viele Einwohner weigern sich, ihre Häuser und Wohnungen zu verlassen, aus Angst vor Einbrechern. Die polnische Regierung hat angekündigt, hart gegen Plünderer vorzugehen. Regierungschef Donald Tusk kündigte zudem die Bereitstellung von Hilfsgeldern in Höhe von einer Milliarde Zloty (rund 240 Millionen Euro) an.

Hochwasser in Polen, Klodzko

Ein einziges Trümmerfeld: Innenstadt des polnischen Klodzko

In den Hochwassergebieten sind nach Polizeiangaben zwei weitere Tote entdeckt worden. Es handele sich um zwei Männer, teilte die Polizei in Klodzko mit. Die Leiche des einen Mannes habe man in einem Auto in dem Dorf Ladek-Zdroj gefunden. Der zweite Tote wurde in Stronie Slaskie im Flussbett der Biala Ladecka entdeckt. Damit steigt die Zahl der Toten auf sechs.

Solinger wollen nach Hochwasser in Polen helfen

Der Solinger Verein "Helfende Schirme" sammelt Hilfsgüter für Menschen, die vom Hochwasser in Polen betroffen sind. An der Kleiderkammer können Hygieneartikel, Bettwäsche, Handtücher oder Lebensmittelkonserven abgegeben werden. Gesammelt wird dort zum Beispiel Mitwochnachmittag. Außerdem sucht der Verein noch ein Transportunternehmen mit einem LKW, das die gesammelten Hilfsgüter von Solingen nach Polen bringen könnte. Vereinsmitglieder würden den Transport dann begleiten.

Hochwasser in Litovel, Tschechien

Wassermassen im tschechischen Litovel

In Tschechien, wo bislang drei Tote und mehrere Vermisste verzeichnet wurden, waren am Dienstag immer noch mehr als 60.000 Haushalte ohne Strom, vor allem im Nordosten des Landes. Am Montagabend mussten 500 Menschen vor den Fluten in Sicherheit gebracht werden.

In den Überschwemmungsgebieten im Osten Rumäniens sind mittlerweile Aufräumarbeiten im Gange. Etwa 6.000 Häuser in zumeist abgelegenen Dörfern waren von den Fluten erfasst worden, viele wurden völlig zerstört. Weiterhin muss Wasser abgepumpt und Schlamm beseitigt werden. 

Die Feuerwehr schickte aus dem ganzen Land 1.000 zusätzliche Helfer in die Region. Im Einsatz sind außerdem hunderte Soldaten. Geplant ist außerdem, dass Strafgefangene aus einem Hochsicherheitsgefängnis zum Helfen herangezogen werden.

In Ungarn haben die Behörden in den Städten Visegrad und Szentendre nördlich der Hauptstadt Budapest mobile Dämme errichtet, um sich auf das Hochwasser vorzubereiten. In Budapest wurde die Margareteninsel, ein Erholungsgebiet mit Hotels und Restaurants, gesperrt.

Das steckt hinter der Wetterlage

Die Ursache für die Regenmassen war ein Zusammenprall von polarer Kaltluft mit nasswarmer Mittelmeerluft auf Höhe der französischen Mittelmeerküste, sagte WDR-Meteorologe Jürgen Vogt. Durch rekordwarmes Mittelmeerwasser sei die Luft dort "feucht angesuppt". Das bedeutet, das Tief konnte sehr viel Feuchtigkeit aufnehmen.

Fotografie von Jürgen Vogt

WDR-Meteorologe Jürgen Vogt

Das Tiefdruckgebiet zog dann südlich an den Alpen entlang und weiter Richtung Osteuropa. Dabei regnete es sich dort massiv ab. Meteorologen sprechen in diesem Zusammenhang von einer Vb-Wetterlage (sprich: "5b"). Eine solche Wetterlage war beispielsweise auch für das Oder-Hochwasser 1997 sowie das Elbe-Hochwasser 2002 verantwortlich.

Unsere Quellen:

  • Material der Nachrichtenagenturen dpa und AFP
  • WDR-Meteorologe Jürgen Vogt

Über dieses Thema berichten wir im WDR am 17.09.2024 auch im Fernsehen: Aktuelle Stunde, 18.45 Uhr.