80 Jahre IKEA Aktuelle Stunde 28.07.2023 18:55 Min. UT Verfügbar bis 28.07.2025 WDR Von Stefan Witke

Ikea wird 80 Jahre alt - nicht alle feiern mit

Stand: 28.07.2023, 20:58 Uhr

Der Möbelriese Ikea wird 80 Jahre alt. Von vielen in Deutschland heißgeliebt, machte der schwedische Konzern aber auch immer wieder negative Schlagzeilen.

Von Nina Magoley

Am 28. Juli 1943 lässt ein 17-jähriger Junge in Schweden eine Marke registrieren: Unter dem Namen "Ikea" will Ingvar Kamprad kleine Dinge des Alltags verkaufen: Kugelschreiber, Bilderrahmen, Streichhölzer, Nylonstrümpfe. Seine Ware liefert der Jugendliche vom Hof seiner Eltern aus - zunächst mit dem Fahrrad. Bald kommen Möbel dazu.

Heute, 80 Jahre später, zählt Ikea zu den größten Möbelhändlern weltweit, mit mehr als 460 Filialen in 62 Ländern. Deutschland ist der größte Markt, vor den USA, Frankreich und Großbritannien. Der gelbe Schriftzug auf blauem Grund findet sich mittlerweile auch in China, Saudi-Arabien und Ägypten.

Die Möbel von Ikea, anfangs hauptsächlich im hellen Kiefernholz-Look, waren eine kleine Revolution in Deutschland – im jungen Design als Alternative zu schweren Eichenholzschränken und Wohnzimmern im "Gelsenkirchener Barock". Und sie waren und sind noch größtenteils vergleichsweise erschwinglich - auch dadurch, dass der Kunde sie selber zusammenbaut.

Ikea: Was wir lieben - und was wir hassen

Für manch einen ist Ikea mittlerweile fast ein Synonym für Schweden - direkt hinter Abba und Pippi Langstrumpf. Der Samstags-Ausflug in die nächste Ikea-Filiale gehört für viele zur festen Kindheitserinnerung: im Småland-Bällebad toben, anschließend Köttbullar und Softeis in der bunten Kantine.

Als Erwachsener dann endlose Streifzüge durch das Kaufhaus-Labyrinth - bewaffnet mit Ikea-Bleistift und Papier-Maßband, Listen mit kuriosen Produktnamen wie Poäng oder Bittergurka. Am Ende lag an der Kasse außer dem obligatorischen Billy-Regal oder Pax-Schrank jede Menge Krimskrams im Einkaufswagen: Kerzen, Servietten, Gläser.

Zu Hause dann die Nervenprobe beim Aufbau des Mobiliars: Fehlende Kleinteile, kryptische Anleitungen, zu kurze Inbus-Schlüssel - Potenzial für Wutausbrüche und/oder Beziehungskrisen. Sollten nach dem Zusammenbau viele Kleinteile übrigbleiben, muss man nicht direkt in Panik verfallen. Gerade bei Dübeln & Co. kann das vorkommen, ohne dass Entscheidendes vergessen wurde. Wer aber mehr als drei Umzüge mit einem Ikea-Schrank schafft, ist Profi: Irgendwann lassen sich die Nägel kein weiteres Mal in die Rückwand des Billy-Regals hämmern.

Einkaufstüte und Kult-Katalog

Unbestritten: Die riesigen blauen Ikea-Einkaufstüten können einiges. Ganze Wohnungsumzüge wurden damit schon bewältigt, beim Gang in den Waschsalon sind sie praktisch oder funktionieren als Einfach-alles-reinwerfen-Reisetasche. Kultstatus genoss auch der 2020 eingestellte Ikea-Katalog, der per Post ins Haus kam. 2015 gab sich sogar der Literaturkritiker Hellmuth Karasek dazu her, das Werk für einen fünfminütigen Werbefilm zu "rezensieren". Sein Fazit: Das "Ikea-Buch" erzähle viel, sei aber "sozusagen vollgemüllt mit Gegenständen".

Was noch mit Ikea kam: Das Image eines Unternehmens, das freundlich und fair sein will. Selber bezeichnet sich der Konzern als "humanistisches und wertorientiertes Unternehmen, das die Menschen in den Mittelpunkt seines Handelns stellt". Zum 80-jährigen Jubiläum kündigt Ikea an, weiter "mutig für positiven Wandel einstehen und positiven Einfluss nehmen" zu wollen.

Auch Negativschlagzeilen

Doch im Lauf der Jahre machte der Möbelriese immer wieder negative Schlagzeilen: Um billig Holz einzukaufen, trage Ikea mit zur Vernichtung riesiger Waldbestände in Russland und China bei, kritisierten Umweltverbände 2010. Die ARD-Sendung Monitor sprach von Steuerschlupflöchern und einer Behinderung von Betriebsräten. Die BBC berichtete von Lohndumping bei Lkw-Fahrern. 2021 wurde der ehemalige Chef von Ikea-France wegen Bespitzelung von Mitarbeitenden zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.

Als Verdi NRW zuletzt Mitte Juli zu Warnstreiks im Einzelhandel aufrief, gingen auch Ikea-Mitarbeitende auf die Straße, um für bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen zu demonstrieren.

Schon in den 1980er-Jahren war herausgekommen, dass Firmengründer Kamprad mit den Nationalsozialisten sympathisiert hatte. Er entschuldigte sich später dafür. Im vergangenen Jahr wurde bekannt, dass Ikea das meiste Holz aus Russland bezog und mit Produzenten in Belarus zusammenarbeitete. Die Zusammenarbeit wurde inzwischen gestoppt.

Wirklich nachhaltige Möbel?

Auch der Vorwurf des "Greenwashings" wurde immer wieder gegen Ikea erhoben. Das Unternehmen weist immer wieder auf seine Nachhaltigkeit hin: Ikea-Möbel würden zu 99,5 Prozent aus FSC-zertifiziertem Holz aus verantwortungsvoller Forstwirtschaft hergestellt.

Als Investigativ-Journalist Alexander Bühler die Entstehung eines Kinderstuhls zurückverfolgte, traf er in Sibirien auf ein Geflecht von beteiligten Firmen. Nur eine habe das FSC-Siegel vorweisen können, andere seien verklagt worden wegen illegalen Einschlags. Gefertigt worden sei der Stuhl in Indonesien. "Das zentrale Nachhaltigkeitsversprechen von Ikea muss man in Zweifel ziehen", so Bühler.

Ikea ist mittlerweile ein internationaler Konzern, unter anderem mit Stiftungen in Liechtenstein, Holdings in den Niederlanden sowie vielen weiteren Firmen. Firmengründer Kamprad starb 2018, seine Söhne führen den Konzern weiter.

Woher kommt der Name?

Übrigens - wer sich fragt, was die vier Buchstaben Ikea eigentlich bedeuten: Sie stehen für Ingvar Kamprad, den elterlichen Bauernhof Elmtaryd und das Dorf Agunnaryd, zu dem der Hof gehörte.