MEINUNG
Herr Habeck, Lützerath ist das richtige Symbol!
Stand: 13.01.2023, 08:33 Uhr
Bundeswirtschaftsminister Habeck hadert mit sich. Die Räumung Lützeraths lässt ihn und seine Partei nicht kalt. Trotzdem sei sie nötig, weil die Braunkohle gebraucht werde. Ralph Sina ist anderer Meinung.
Von Ralph Sina
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Zu den Kommentaren [80]Da irrt der grüne Bundeswirtschaftsminister!
Mona Neubaur und Robert Habeck mit RWE-Chef Markus Krebber
Klimaprotest brauche Symbole, aber die Siedlung Lützerath, wo keiner mehr wohnt, sei aus seiner Sicht das falsche Symbol, betont Robert Habeck. Er hat gemeinsam mit der grünen NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur und RWE-Chef Markus Krebber einen Braunkohldeal ausgehandelt, der Klimawissenschaftler zurecht schockiert.
Ein Pseudo-Deal für den Klimaschutz
Der Habeck-Neubaur-Deal mit RWE ist nicht nur faul, sondern auch noch Beifall heischend. Seine Botschaft lautet in bester Grünen-Manier so:
Hurra, RWE steigt acht Jahre früher als ursprünglich vorgesehen aus der Kohle aus. Liebe Klima-Aktivisten und Grünen-Wähler - klopft uns mal bitte auf die grüne Schulter!! Wir retten das Klima! Und nicht nur das: Nebenbei erhalten wir auch noch fünf Dörfer und verhindern zehn Kilometer Autobahn.
Aber eine bittere Pille habt ihr Klimaaktivisten wegen Putin gefälligst zu schlucken: Vor dem vorgezogenen Kohle-Ausstieg darf RWE mit dem größten Schaufelradbagger der Welt noch mal richtig den Klimakiller Braunkohle unter Lützerath zutage fördern.
Jetzt regt euch mal nicht auf! Denn wir haben dafür gesorgt, dass RWE-Boss Krebber nicht so viel Braunkohle schürfen darf, wie der Konzern und seine Aktionäre - einschließlich Katar - es gerne möchten. Aber auf jeden Fall so viel, dass es genügend Strom für alle gibt.
Diese selbstgefällige Habeck-Erzählung provoziert eine Antwort:
In Rekordzeit konnte Deutschland die Abhängigkeit von russischem Gas auf Null reduzieren. Nicht zuletzt wegen Habecks Bereitschaft alle grünen Prinzipien über Bord zu werfen. Zu Fracking-LNG aus den USA und Gas aus Katar darf jetzt nicht auch noch der CO2-Killer Braunkohle kommen.
Lützerath ist der beste Ort für friedlichen Widerstand gegen verkorkste grüne Energiepolitik
Es geht mir nicht um ein infantiles "Lützi bleibt". Es geht nicht darum, dass ehemalige Bewohner, Bauern und Kühe wieder nach Lützerath zurückkehren und am Rande der stillgelegten Braunkohlegrube Biomilch produzieren.
Es geht darum, dass ausgerechnet unter einem grünen Klimaminister namens Habeck Deutschland ein Zentrum der Braun- und Steinkohleverbrennung wird. Die Essener Konzerne RWE und STEAG spielen dabei eine wichtige Rolle.
Lützerath ist für mich ein Symbol für das Scheitern einer durch und durch ideologisierten Klimapolitik. Einer Politik der jahrzehntelang eingeübten Anti-AKW-Reflexe: "Atomkraft? Ab April ‘23: Nein Danke!"
Grüne Ideologie statt Klimaschutz
Drei CO2-arme Atomkraftwerke verschrotten und gleichzeitig acht Jahre lang den Klimakiller Braun- und Steinkohle verfeuern - diese Schizophrenie dürfen wir nicht hinnehmen.
Klimaminister Robert Habeck und NRW-Umweltminister Oliver Krischer folgen der simplen grünen Ideologie: Auch wenn die Welt hart am Klimaabgrund steht - alles ist besser als Kernenergie. Selbst die CO2-Schleudern und Klimakiller Braun- und Steinkohle.
Auch ich habe mal so gedacht
Ich kenne diese Haltung, weil es jahrelang meine eigene war! 1986 war ich in Münster in der Hochphase der Tschernobyl-AKW-Katastrophe an der Gründung der Kindergruppe "Rappelkiste" mit beteiligt. Es ging uns vor allem um die Frage: Wie kommen wir an möglichst wenig verstrahlte Milch und unverstrahlten Sand für unsere Kinder? Wie cäsiumbelastet sind die Lebensmittel, die wir ihnen mittags zubereiten?
Diese Erfahrung hat sich tief eingegraben. "Atomkraft? Nein danke" gehörte jahrzehntelang zu meinem politischen Glaubensbekenntnis. Die Fukushima-Katastrophe im scheinbar technisch so versierten Japan hat diese Überzeugung noch gestärkt.
Doch spätestens seit Putins Ukraine-Krieg sind die Zeiten endgültig vorbei, wo wir es uns gemütlich machen können in der AKW-freien Komfort-Zone mit verlogenen Braunkohle-Kompromissen à la Lützerath. Plus Erdgas aus Katar und Fracking-Gas aus den USA.
Energiewende bis 2030? Eher unrealistisch
Auch der ehrenwerte grüne Glaube daran, dass in acht Jahren 80 Prozent unseres Stroms aus Wind, Wasser, Sonne und Biomasse kommt, hilft nicht weiter. Bei allem Respekt vor dem Prinzip Hoffnung: Ganze 47 Prozent betrug der Anteil an erneuerbarem Strom im vergangenen Jahr!
Wie grün der deutsche Strom im Jahre 2030 tatsächlich ist, weiß niemand. Es gibt keinen grünen Masterplan für die Energiewende bis 2030. Doch statt jetzt als Notlösung in den nächsten Jahren auf die Klimakiller Braunkohle und Steinkohle zu setzen bin ich dafür, Mitte April nicht die letzten drei deutschen Atommeiler vom Netz zu nehmen.
Braunkohle statt AKW - die schlechtere Wahl
RWE soll lieber sein einwandfrei funktionierendes AKW Emsland weiterbetreiben, statt Garzweiler mit Lützerath-Braunkohle zu befeuern.
Unfassbare Dimension: der Tagebau Garzweiler
RWE-Chef Krebber gibt sich schließlich gern als Vorreiter in Sachen Erneuerbare Energien, schwärmt in Interviews von grünem Wasserstoff und Windparks auf See. In den USA investiert RWE Milliarden in regenerative Energien. Aber vor der eigenen Haustür in NRW agiert Krebber als Braunkohle-Dinosaurier.
RWE könnte ein historisches Zeichen für Klimaschutz setzen
Natürlich hat RWE das Recht, die Kohle unter Lützerath abzubaggern. Aber das befreit den Konzern nicht von der Frage, ob er verantwortlich handelt - im Sinne der Zukunft - und damit auch seiner eigenen Gewinninteressen. Krebber kann jetzt RWE-Geschichte im positiven Sinne schreiben. Das OVG Münster entscheidet was rechtens ist. Aber richtig wäre es, auf die Kohle unter Lützerath zu verzichten.
Bei allem Verständnis dafür, dass der Anti-AKW-Reflex zur grünen DNA gehört: Die Übergangstechnologie Kernenergie sollten wir erst dann komplett abschalten, wenn das neue grüne Energiesystem tatsächlich funktionsfähig ist. Noch aber sind keine bezahlbaren Großspeicher für regenerative Energien in Sicht.
Außerdem fehlen die für eine grüne Energiewende benötigten 12.000 Kilometer zusätzliche Stromleitungen, es fehlen Handwerker und Rohstoffe. In der aktuellen Krise spielen vor diesem Hintergrund AKW definitiv eine Rolle, betont die moderate Wirtschaftsweise Veronika Grimm. Und zwar "in Bezug auf Emissionsvermeidung, Senkung des Gasverbrauchs und Senkung der Preise."
Lützerath - das Symbol zum Umdenken
Die Bilder der Monster-Bagger von Lützerath sind ein Ausrufeszeichen und eine Chance zum Umdenken. "Atomkraft? Nein danke um jeden Preis" darf nicht mehr gelten.
"Braunkohle? Nein danke" - das ist meine Hoffnung für das neue Jahr! Lützerath ist für diesen Neubeginn genau das richtige Symbol.
Was meinen Sie? Wird der Kampf um Lützerath die Politik zum Umdenken bewegen? Sollte RWE sofort mit dem Abbaggern von Braunkohle aufhören und stattdessen lieber ihr AKW im Emsland weiterbetreiben? Lassen Sie uns darüber diskutieren! In den Kommentaren auf WDR.de oder auf Social Media.
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80 Kommentare
Kommentar 80: Raimund M. schreibt am 18.01.2023, 16:23 Uhr :
Klima braucht keine Symbolpolitik aber Protest braucht Regeln und Politik braucht Realismus. Kommt man auf die „grandiose Idee einen beispiellosen Wirtschaftskrieg gegen unseren wichtigsten Energielieferanten vom Zaun zu brechen“ trifft man nicht nur die eigene Bevölkerung mit Inflation sondern muss auch Energieträger aus dem letzten Loch kratzen. Habeck stellt sich der Realität, was ich bei Amtsantritt so nicht erwartet habe. Andere im Umfeld der Grünen haben keine Regierungsverantwortung und die bleiben dann lieber etwas oder viel mehr bei fundamentalistischer Ideologie. Man hätte mehr Möglichkeiten, hätte man bei Corona nicht schon maßlos übertrieben und würde man den Krieg in der Ukraine nicht mit Geld und Waffen am Kochen halten aber so gehen die Preise ab. RWE ist für Verkauf von Energie zuständig, „historische Zeichen“ sind weder im Sinne der Eigentümer noch im Sinne der Kunden. Nur reiche Grüne mit Tunnelblick scheinen noch genug zu haben worauf sie verzichten können.
Kommentar 79: 17.01.2023, 23:26 Uhr :
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Kommentar 78: Manni schreibt am 17.01.2023, 17:56 Uhr :
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Kommentar 77: 17.01.2023, 15:22 Uhr :
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Kommentar 76: Christian schreibt am 17.01.2023, 13:54 Uhr :
Ich kann die Denkweise der Grünen nicht verstehen, ein Beispiel: Am 16. 12. letzten Jahres ging der Wind nicht und es schien auch nicht die Sonne der Beitrag dieser beiden zur Bedienung der Stromnachfrage betrug unter 2 GW . Die Stromnachfrage betrug allerdings 60 bis 70 GW. Der größte Teil musste durch Gas- Kohle- und ebenfalls Kernkraftwerke bedient werden. Darüber hinaus musste ein sehr großer Teil durch Nettostromimporte abgedeckt werden. Meist handelt es sich hier um Strom aus Kernenergie z.B. Frankreich, Tschechien etc. Wieso nicht diese Option des begrenzten AKW Weiterbetriebs unnötig verspielen, der mir auch kostengünstiger erscheint
Kommentar 75: 17.01.2023, 12:53 Uhr :
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Kommentar 74: Was für ein Gelabber schreibt am 17.01.2023, 09:06 Uhr :
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Kommentar 73: 17.01.2023, 08:25 Uhr :
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Kommentar 72: 17.01.2023, 08:10 Uhr :
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Kommentar 71: 17.01.2023, 08:10 Uhr :
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Kommentar 70: 17.01.2023, 00:43 Uhr :
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Kommentar 69: Arme Staatsfunker ! schreibt am 16.01.2023, 18:23 Uhr :
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Kommentar 68: Anonym schreibt am 16.01.2023, 14:33 Uhr :
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Kommentar 67: 16.01.2023, 13:03 Uhr :
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Kommentar 66: Maulwurf schreibt am 16.01.2023, 11:02 Uhr :
Was lernen wir von Lützerath? Dass wir früher wie Maulwürfe die unterirdischen Bereiche bearbeiteten, um Energieträger aus dem Boden zu holen und heute viel Energie reinstecken, Maulwurftunnel gegen den Kohleabbau anzulegen? Wo ist aber der Unterschied? Erstere Tätigkeit lieferte Energie für Deutschlands Industrialisierung und erzeugte Know-how im Bergbau und Technik, welches mit Weltruf exportiert werden konnte! Letzteres kostet uns Energie und somit Grundlage für Industrie(Grundlage für angenehmes Leben im Wohlstand). Obendrein hat das deutsche Ausbildungswesen den Beruf des Demonstranten noch nicht Bafög-reif entwickelt, sodass der Bildungsstandort BRD wieder weltweit reüssieren könnte. Da ich nicht glaube, wir wollten ernsthaft per Deindustrialisierung zum Touristik-Weltkulturerbe für chinesische Reiseführer werden, halte ich die gesamte Diskussion der Energiewende für einen lange andauernden Prozess!
Kommentar 65: Otto W. schreibt am 16.01.2023, 04:31 Uhr :
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Kommentar 64: Otto W. schreibt am 16.01.2023, 04:31 Uhr :
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Kommentar 63: 16.01.2023, 01:20 Uhr :
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Kommentar 62: George schreibt am 15.01.2023, 20:42 Uhr :
Meldung von gestern: Die Straßen zur Großdemonstration in Lützerath sind komplett überlastet. Es gibt kilometerlange Staus. Genau mein Humor. Mit dem SUV zur Umweltdemo. Welch Scheinheiligkeit.
Kommentar 61: Melli schreibt am 15.01.2023, 18:21 Uhr :
Lützerath ist also der beste Ort für friedlichen Widerstand? Das hat man gestern ja gesehen. Viele Aktivisten waren eindeutig auf Krawall aus, das konnte man sehen und auch schon in der letzten Zeit an anderen Orten feststellen. Ich finde, die tun den vernünftigen, friedlichen Aktivisten damit keinen gefallen. Dann tauchen auch noch Neubauer und Thunberg auf und faseln was von Polizeigewalt. Das finde ich schon sehr dreist. Heute wurde Greta Thunberg ja von der Polizei weggetragen, weil sie zu nahe am Abgrund stand, tanzte und sang. Wie alt ist sie nochmal? Nicht falsch verstehen, ich bin keine Klimagegnerin, aber was da in Lützerath im Moment abgeht, das ist nicht normal.
Kommentar 60: Til schreibt am 15.01.2023, 15:44 Uhr :
L. kein Symbol, nein. L. zeigt das Versagen unserer Politik auf 50 Jahre wissenschaftliche Warnungen vor einem Klimawandel, den wir alle jetzt schon spüren. Ich war gestern selbst dort um die Politik dazu aufzufordern endlich unseren Lebenswandel zu überdenken. Wir werden die momentane Energiemenge die wir tagtäglich für nicht-notwendige Dinge rausbuttern nicht aufrechterhalten können. Wenn wir die 1.5°C Grenze nicht reißen wollen dann müssen wir unseren Beitrag leisten. Uns geht es gut in D. Andere leiden jetzt schon jeden Tag, wir nur selten (Ahrtal, Dürre). Es geht nicht darum auf Einzelne zu zeigen und zu sagen "Aber du!", wer kann das schon leisten? Aber an der Spitze des Staats sollte es ein Konzept dafür geben, vom Bundestag völkerrechtlich-bindende Verträge einzuhalten. Von den Demonstranten wird schließlich auch gefordert sich an Recht und Gesetz zu halten. Und momentan stehen unsere Klimabemühungen dort nicht! Vorschläge wie man das machen könnte gibt es (z.B. von GermanZero)