Putin sei mutmaßlich für die "unrechtmäßige Deportation" von Kindern und Umsiedlungen aus besetzen Gebieten der Ukraine in die Russische Föderation verantwortlich, teilte das Gericht mit Sitz in Den Haag am Freitag mit. Haftbefehl erlassen wurde auch gegen die Kinderrechtskommissarin in Putins Präsidialverwaltung, Maria Lwowa-Belowa.
Es bestünden "vernünftige Gründe" für die Annahme, dass Putin für die als Kriegsverbrechen einzustufende Verschleppung von Kindern auf russisches Territorium "persönlich verantwortlich" sei, erklärte der Strafgerichtshof. Er habe seine zivilen oder militärischen Untergebenen unzureichend kontrolliert, wird der Verdacht begründet.
Mehr als 16.000 Kinder verschleppt
Die Verbrechen hätten in den russisch besetzten Gebieten in der Ukraine "mindestens ab dem 24. Februar 2022" - dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine - eingesetzt.
Nach Angaben der ukrainischen Regierung wurden bis Februar dieses Jahres mehr als 16.000 Kinder aus der Ukraine nach Russland oder in russisch kontrollierte Gebiete verschleppt.
Weitere Begehung von Straftaten verhindern
Die Haftbefehle würden anders als sonst üblich veröffentlicht, weil die Verbrechen mutmaßlich noch andauerten und eine öffentliche Bekanntgabe dazu beitragen könne, die weitere Begehung von Straftaten zu verhindern, teilte das Gericht weiter mit.
Sollte Russlands Präsident in ein Land reisen, das Vertragspartner des Internationals Criminal Court ist, müssten die Behörden Putin festnehmen und nach Den Haag überstellen. Der Gerichtshof selbst verfügt über keine Polizeigewalt und kann in Russland nicht gegen den Kreml-Chef vorgehen.
Russland: Strafgerichtshof "keine Bedeutung"
Dass Putin tatsächlich vor dem Gericht in Den Haag erscheinen wird, ist unwahrscheinlich. Russland erkennt dieses nicht an. "Die Entscheidungen des Internationalen Strafgerichtshofs haben für unser Land keine Bedeutung, auch nicht in rechtlicher Hinsicht", erklärte die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa. Das Gericht darf außerdem keine Prozesse in Abwesenheit der Angeklagten führen.
Der Staatsanwalt am Strafgerichtshof, Karim Khan, hatte vor einem Jahr Ermittlungen wegen möglicher Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingeleitet.
Die Haftbefehle sind ein erster Schritt hin zu einem Prozess. Aus früheren Verfahren wird jedoch deutlich, dass es schwierig ist, hochrangige Vertreter vor Gericht zu bringen. In mehr als 20 Jahren gab es lediglich fünf Verurteilungen wegen sogenannter Kernverbrechen. Bei keinem der Verurteilten handelt es sich um oberste Vertreter eines Machtapparats.
Die ukrainische Führung hat die Haftbefehle gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und die Kinderbeauftragte Maria Lwowa-Belowa als "historisch" begrüßt. Der Kreml hingegen hat den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag gegen Präsident Wladimir Putin wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine als rechtlich nichtig bezeichnet. "Allein die Formulierung der Frage halten wir für unverschämt und inakzeptabel", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge am Freitag.