Was wollen junge Menschen zur Europawahl wissen? Welche Themen interessieren sie? Und was wollen 16- bis 34-Jährige den Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) schon immer mal fragen? Antworten darauf hat er uns im exklusiven WDR-Interview gegeben. Hier zum Nachgucken.
Robert Habeck im WDR-Interview
Am Montag haben die WDR-Podcast-Hosts Carolin Bredendiek und Florian Gregorzyk ("0630 – Der News-Podcast") Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck interviewt und die Fragen aus der Community direkt an ihn weitergegeben. Bei tickr auf Instagram und nicetoknow auf TikTok konnten junge Wählerinnen und Wähler ihre Fragen einreichen.
So gab Habeck beispielsweise als Antwort auf eine Frage zu, dass er zu viel Geld für Hörbücher ausgeben würde, und antwortete auf eine andere, dass er sich vorstellen könnte, auch in Dänemark zu wohnen.
Habek: "Hamas könnte Krieg sofort beenden"
Doch die Fragen der Community drehten sich auch um ernstere Themen, wie um den Krieg in Gaza. Auf die Frage, wie die Bundesregierung die Unterstützung für die israelische Politik rechtfertige, antwortete Habeck, dass man zunächst einordnen müsse, warum es diese schrecklichen Bilder aus Israel und Gaza überhaupt gäbe.
"Die Hamas hat einen fürchterlichen, mörderischen Anschlag auf Israel verübt." Die Hamas könne den Krieg sofort beenden, so Habeck weiter, benutze aber ihre Bevölkerung als Schutzschild. Der israelische Staat habe das Recht auf Selbstverteidigung.
Deutschland hat laut Habeck frühzeitig an die israelische Regierung appelliert, ihre Kriegsführung zu ändern. Die konkrete politische Forderung Deutschlands laute daher: "Waffenstillstand, Austausch der Geiseln, Beginn von Gesprächen."
In Europa sind rechte Parteien auf dem Vormarsch
Andere Fragen aus der Community an Robert Habeck drehten sich um den Rechtsruck in Europa. Er könne nicht nachvollziehen, warum aktuell auch viele junge Menschen die AfD wählen, antwortete Habeck auf eine Frage aus der Community.
"Ich kann nachvollziehen, dass junge Menschen Sorge haben, nicht gehört zu werden, oder das Gefühl haben, Probleme werden zu ihren Lasten gelöst." Corona hätte vor allem bei den jüngeren Menschen Narben hinterlassen und auch die Klimakrise sei viel zu lange vernachlässigt worden. "Aber rechte Parteien in Europa wollen keine Lösung der Probleme."
Auch Ursula von der Leyen stellte sich den Fragen junger Wähler
Bereits am Montag hatte sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Fragen der Community gestellt.
Kritik an Wahlvorgang von der Leyens
Dabei gab es auch Kritik an ihrem Posten. Manch einer warf von der Leyen vor, nicht von den Menschen in Europa gewählt worden zu sein. Die EU-Kommissionspräsidentin verteidigte sich und verwies auf die europäischen Regeln für ihr Amt. Der Europäische Rat habe sie vorgeschlagen und das Parlament mit einer Mehrheit bestätigt. Es gebe keine transnationalen Listen, über welche die Menschen einen Kommissionspräsidenten wählen könnten.
Neben den ernsten weltpolitischen Themen ging es im Interview auch um launige Anekdoten; wie zum Beispiel Hausaufgaben schnell noch im Schulbus zu erledigen. Sich also noch im letzten Moment während der Fahrt vorzubereiten - eine wichtige Fähigkeit für eine politische Karriere. Was man vor allem in der Politik lernen müsse sei, magenfest zu werden beim Lesen, Schreiben und Arbeiten im Auto, sagte von der Leyen. "Ganz am Anfang wurde mir dabei immer wahnsinnig schlecht", sagt sie und lacht, das habe sich inzwischen aber gegeben. Man könne das tatsächlich lernen.
Klimaschutz ist für junge Menschen besonders wichtig
Im Interview hat Ursula von der Leyen auch über die Chancen eines geeinten Europas gesprochen, um Krisen besser zu begegnen, wie beispielsweise zuletzt bei der Corona-Pandemie und dem Ukraine-Krieg.
Jungen Menschen zwischen 16- bis 22 Jahren ist dabei vor allem mehr Engagement beim Klimaschutz wichtig, wie eine aktuelle Umfrage der Konrad-Adenauer-Stiftung zeigt. Erstmalig dürfen bei dieser Europawahl bereits 16- und 17-Jährige in Deutschland wählen.
Das Gespräch mit dem Vizekanzler und der EU-Kommissionspräsidentin war Teil des 26. WDR Europaforums, das vom 27. bis 29. Mai 2024 in Berlin, Brüssel und Straßburg stattfand – in Berlin erstmalig auch im Rahmen der Digital- und Gesellschaftskonferenz Re:publica. Die Frage des Europaforums lautete: "Unter Druck – wie behauptet sich die EU gegen Populismus, Extremismus und Nationalismus?"
Herausforderung Nationalismus
Die Europawahl im Juni 2024 wird für die EU zum Schlüsseldatum: Angesichts der internationalen Krisen steht das Projekt der Einigung Europas vor einer existenziellen Bewährungsprobe. Offensiver, populistischer Nationalismus stellt das europäische Integrationsmodell sowie die Verpflichtung zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit infrage.
Expertise aus Politik und Wissenschaft
Am WDR Europaforum nahmen Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Medien teil.
Ihre historische Expertise zu Populismus und Extremismus brachten Christina Morina (Universität Bielefeld) und Mirjam Zadoff (NS-Dokumentationszentrum München) ein. Für die Politikwissenschaft waren Giovanni Capoccia (Universität Oxford), Agnieszka Lada-Konefal (Deutsches Polen-Institut) und Nathalie Tocci (Istituto Affari Internazionali, Rom) vor Ort. Mit dem gesellschaftlichen Protest gegen Rechtsaußen befasste sich der Soziologe Dieter Rucht (Wissenschaftszentrum Berlin).
Übertragung in Radio, Fernsehen und Internet
Die unterschiedlichen Panels wurden an drei Tagen im WDR Fernsehen sowie online im Livestream übertragen. Auch WDR Event übertrug das Europaforum erstmalig in voller Länge live.