"Ich habe davon geträumt, dass wir nach Hause kommen", sagt die vierjährige Raz. "Du hast geträumt, dass du nach Hause kommst. Jetzt ist dein Traum wahr geworden", sagt Yoni Asher zu seiner Tochter auf dem Krankenhausbett und gibt ihr einen dicken Kuss. Nach 49 Tagen sind sie endlich wieder vereint.
Lange hat er sich nicht einmal getraut, an diesen Moment zu denken. Das erste Mal sprechen wir mit Yoni Asher am 8. Oktober, einen Tag nach der Entführung seiner beiden kleinen Töchter Raz (4) und Aviv (2) und seiner Frau Doron, die drei haben deutsche Wurzeln. Sie leben in Israel und sind ohne ihn zu Besuch bei der Großmutter, werden dort von der Terrorgruppe Hamas entführt.
Es beginnt eine schreckliche Zeit für die Familie. Yoni Asher erkennt seine Liebsten auf einem Handy-Video:
Die Verzweiflung wächst
Er setzt Himmel und Hölle in Bewegung, um an Informationen zu kommen. Jeden Tag wächst die Verzweiflung. "Ich würde alles tun. Sie können mich stattdessen nehmen. Mit mir können sie machen, was sie wollen. Lasst meine Familie in Ruhe", sagt Yoni Asher.
Wochenlang reist er durch die Welt, um - durchaus medienwirksam - auf die Entführung seiner Familie aufmerksam zu machen. Ende Oktober nimmt er an einer Demonstration in Berlin teil. "Ich tue alles, um an Informationen zu kommen, damit sie zu mir zurückkommen", sagt Asher.
Die ersten Geiseln kommen frei
Lange hört er nichts, fühlt sich machtlos. Am Freitag (24. November) dann der Moment - auf den er - und ganz Israel - so lange gewartet hat. Die ersten Geiseln kommen frei, auch die Ashers. Erleichterung. Freude. Tränen. Endlich wieder vereint.
Sie kommen ins Krankenhaus. Es gehe ihnen den Umständen entsprechend gut, sagen Ärzte. Sie seien in einer körperlich guten Verfassung. Wie es emotional um sie bestellt sei, könne noch nicht gesagt werden. Fachübergreifende Teams kümmern sich nun um sie.
Auch der deutsche Botschafter in Tel Aviv, Steffen Seibert, spricht am Abend noch mit Yoni Asher und anderen Verwandten freigekommener deutscher Geiseln.
Hoffen auf weitere Geisel-Freilassung
So geht's auch Yoni Asher: Er hofft, dass schnellstmöglich weitere Geiseln aus den Händen der Hamas befreit werden. "Es ist erlaubt, sich zu freuen, und es ist erlaubt, zu weinen. Aber ich feiere nicht. Ich werde nicht feiern, bis die letzten Geiseln zuhause sind." Er sei entschlossen, seiner Familie zu helfen, damit sie sich von dem furchtbaren Trauma erholen. Eine Aufgabe für ihn - und ein ganzes Land.
Über dieses Thema berichten wir auch am 25.11.2023 im WDR Fernsehen in der "Aktuellen Stunde" um 18.45 Uhr.
Unsere Quellen:
- Die Interviews mit Yoni Asher führte Cosima Gill
- Das Interview mit Steffen Seibert führte Jens Olesen
- Material der Nachrichtenagentur AFP