Wer beim Sessionsauftakt genauer hingeschaut hat, konnte erst mal keinen eindeutigen Kostüm-Trend erkennen. Alles war dabei: Ob aufwendig geschneidert, liebevoll selbst kreiert, auf den letzten Drücker vom Wühltisch gezogen oder von langer Hand geplant - Hauptsache die Kostümierung ist ein Hingucker.
Leo-Optik und viel Glitter
Gibt es 2024 dennoch Trends? Wir fragen am besten eine Expertin: Anne Witton verkauft in Köln seit über 30 Jahren Karnevalskostüme. Obwohl sie längst in Rente ist, steht sie auch in dieser Session wieder in der Kölner Kostümkiste und berät ihre Kunden.
Was ist gerade richtig gefragt? "Leo-Optik, Glitzer und Glimmer - vor allem bei den Männern." Knallbonbonfarben, Paillette, Glitzer-Schlaghosen und goldende Leggins. Motto: 70-Jahre und 80er - Outfits mit viel Glanz.
Knallige Kopfbedeckungen
Aber was ist das Must-have beim Kostüm? Da fangen wir kostümtechnisch mal ganz oben an, denn schon die Kopfbedeckung ist schließlich ein Statement. Dauerbrenner sind quietschbunte Hüte, Ringelmützen, Kapitänsschiffchen, Kronen, Zylinder oder ein Haarreif mit Anhang - wie wippende Fühler, Blumen, Teufelshörner oder Mickymausohren. Die Auswahl ist riesig.
Vorsicht Perücke!
Minipli-Perücken sind in der Session 2023/2024 ebenfalls der Renner und schnell ausverkauft. Apropos Perücke. "Da müssen Sie schon auf Qualität achten, sonst juckt das wie der Teufel", warnt Anne Witton.
Wer mit einer billigen Rastalocken-Perücke mal eine Nacht durchgefeiert hat, weiß, wovon die Rede ist. "Wenn der Webteil zu dicht ist, meinen Sie, Sie hätten Bewohner auf dem Kopf." Sind die Haare zu dünn, schimmere das Netz durch - auch nicht schön.
Zwiebellook und Stilmix
Doch egal was man am Ende trägt, eine goldene Regel sollten Jecken immer beachten: Man muss sich wohlfühlen. Anne Witton berät ihre Kunden da ganz ehrlich. "Wenn die aus der Umkleidekabine kommen, sehe ich denen am Gesicht an, wie sie sich fühlen."
Und manchmal ist das Kostüm zwar einzigartig, auffällig und sehr originell - aber man kann damit weder sitzen, sich in den Kneipenkarneval stürzen oder unfallfrei eine Toilette aufsuchen.
Drinnen, draußen oder beides?
Eine wichtige Frage stellt die Kostümexpertin Anne Witton immer zuerst: "Drinnen, draußen oder beides?" Natürlich macht es kostümtechnisch einen Unterschied, ob man den ganzen Abend in einem beheizten Saal oder auf der Straße bei 8 Grad feiert. Will man beides, ist der Zwiebellook angesagt. "Geht ganz einfach. Wenn Sie das Ringelshirt unter der Multifunktionsjacke mit Goldglitzer tragen, sind Sie überall gut angezogen."
Vorbild Blockbuster
Ob Barbie oder Superheld - Blockbuster oder beliebte Serien geben auch zum Karneval häufig einen Trend vor. Das ultimative Barbiekostüm ließe aber noch auf sich warten, weiß Anne Witton. Das habe auch was mit teuren Lizenzen zu tun. Da hätten sich die Lieferanten noch nicht drauf eingelassen.
Rückblick: 2019 war übrigens das Piratenkostüm mit Abstand das beliebteste. Und das noch 15 Jahre nachdem Jack Sparrow zum ersten Mal im Kultpiratenfilm "Fluch der Karibik" seinen Auftritt hatte.
Schnäppchen aus zweiter Hand
Echte Schnäppchen können Jecken auch in Secondhandläden, auf speziellen Karnevals-Flohmärkten oder im Theaterfundus machen. Da gibt es schöne Einzelstücke, witzige Accessoires oder aber auch mal was ganz Spezielles - wie den 20er-Jahre-Fummel, lang ersehnte Cowboystiefel, hübsche Dirndl oder eine ausgefallene Uniformjacke.
Mittlerweile gibt es schon viele traditionelle Kostüm-Flohmärkte - allerdings nur zu bestimmten Zeiten. Der Karnevalsmarkt in der Kölner Lutherkirche öffnet beispielsweise an vier Tagen Ende Januar und Anfang Februar. Viele andere Kostümflohmärkte haben bereits stattgefunden.
Bühnenoutfit aus dem Theater
Aber nicht nur in Köln wird man fündig: Die Kostümabteilung der Theater und Philharmonie Essen hat zum Beispiel ausgiebig im Fundus gekramt und bietet in diesem Jahr Kleider aus unterschiedlichsten Inszenierungen, handgefertigte Unikate und viele außergewöhnliche Einzelteile an. Der Verkauf startet am 27. Januar im Grillo-Theater - solange der Vorrat reicht.
Einfach ausleihen
Preiswert und zugleich nachhaltig ist der Kostümverleih. Der einzige in Düsseldorf nennt sich Akki Kostümfundus - dahinter steht ein gemeinnütziger Verein. Hier gibt es eine Fülle von Bühnenkostümen aus Oper und Theater. Suchende können stundenlang in der Garderobe stöbern. Hier gibt es nichts von der Stange. "Kunden müssen schon ein bisschen kreativ werden, jeder bastelt sich sein Kostüm zurecht", sagt Inhaberin Marie Fisch, die aber Kostümsucher auch gerne berät.
Tatsächlich wollen Frauen häufig ein Prinzessinnenkostüm. Marie Fisch kann das gut verstehen: "Wenn sie einmal im Reifrock getanzt haben, wissen sie, warum." Und: Warum Prinzessin, wenn man auch gleich Königin sein kann:
Und für die Männer gibt es alles zwischen Zirkusdirektor und Chirurg. "Nur Priester geht gar nicht mehr."
Die Ausleihgebühr beginnt ab 8 Euro. Komplette Kostüme gibts schon ab 20 Euro. Außerdem ist es auch möglich, nur Einzelteile zu leihen, zum Beispiel Hüte, Federboas oder Perücken.
Selber kreativ werden
Mit ein bisschen Fantasie oder der richtigen Anleitung können sich Jecken ihr Kostüm-Unikat natürlich auch jederzeit selber kreieren. Egal ob witzig, originell oder mit politischer Botschaft - auf etlichen Do-it-Yourself-Plattformen im Netz wie Pinterest finden sich Anregungen - auch für den kleinsten Geldbeutel und den letzten Drücker. Dort gibt es auch etliche Schminktipps.
Wer noch Klamotten zum karnevalistischen Aufpimpen sucht, findet die ebenfalls preiswert auf Onlineplattformen wie Vinted. Und dort kann man dann übrigens vor der nächsten Session auch sein Kostüm wieder loswerden.