Es klingt wie ein Paukenschlag: Abgeordnete des EU-Parlaments haben sich am Donnerstag auf einen Entwurf für die weltweit erste gesetzliche Regulierung von Künstlicher Intelligenz (KI) geeinigt. Wird die Entwicklung und der Einsatz neuer KI-Systeme nun bald einer politischen Kontrolle unterworfen? Fragen und Antworten.
Was genau wurde in Brüssel beschlossen?
Noch nicht viel Konkretes. Möglicherweise wird es noch sehr lange dauern, bis der Einsatz von potenziell gefährlichen neuen KI-Systemen durch Gesetze eingeschränkt werden kann. Am Donnerstag hat der Prozess lediglich eine weitere Hürde genommen: Die Verhandlungsführer des EU-Binnenmarkt- und Innenausschusses haben sich auf - eher vage - Eckpunkte für ein geplantes Gesetz geeinigt. Diese sehen vor, dass in Zukunft KI-Systeme nach ihrem Risikoniveau eingestuft werden: von "minimal", über "begrenzt" und "hoch", bis hin zur höchsten Stufe: "inakzeptabel". Systeme mit hohem Risiko würden demnach nicht verboten, bei ihrem Einsatz wäre aber ein hohes Maß an Transparenz vorgeschrieben.
Diese Einigung ist ein Zwischenschritt im Gesetzgebungsverfahren. Vorgestellt hatte die EU-Kommission den "Artificial Intelligence Act" bereits im April 2021. Danach waren EU-Parlament und EU-Ministerrat am Zug. Der Ministerrat hatte sich im Dezember 2022 geeinigt. Nun also laufen die Beratungen im EU-Parlament.
Wann könnte das Gesetz greifen?
Das ist noch völlig unklar. Erfahrungsgemäß könne es aber Jahre dauern, bis eine neue EU-Verordnung tatsächlich in nationales Recht umgesetzt ist, sagt Stephan Ueberbach, ARD-Korrespondent in Brüssel. Im Mai wollen die EU-Ausschüsse demnach erneut über das Thema beraten und einen Gesetzentwurf erstellen, anschließend werde das Thema dem EU-Parlament vorgelegt. Falls das Gesetz dort eine Mehrheit findet, seien die Mitgliedsstaaten am Zug, erklärt Ueberbach. Ein langwieriger und schwieriger Prozess, auch weil es in der EU teilweise sehr unterschiedliche Auffassungen zum Thema Datenschutz gebe.
Ist eine so rasante technische Entwicklung überhaupt kontrollierbar?
Eine lückenlose Kontrolle aller neuen KI-Systeme halten Fachleute wie der WDR-Digitalexperte Jörg Schieb für sehr schwer umsetzbar. "Eine massenhafte Gesichtserkennung durch den Staat, wie sie zum Beispiel in China eingesetzt wird - da sind sich die europäischen Mitgliedsstaaten weitgehend einig, dass es sie bei uns nicht geben soll." Bei Programmen, die theoretisch auf jedem Privatrechner laufen können, sei eine wirksame Kontrolle hingegen kaum durchzusetzen. "Besonders, wenn der Anbieter in den USA oder in China sitzt."
Aber auch eine Überregulierung von technischen Innovationen müsse unbedingt verhindert werden, so der Digitalexperte. Sonst verliere Europa den Anschluss an den Rest der Welt.
Welche KI-Anwendungen sind besonders problematisch?
"KI darf den Menschen niemals ersetzen", sagt die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats Alena Buyx im WDR-Gespräch. Genau das ist allerdings längst in vielen gesellschaftlichen Bereichen geschehen: Schon bald werden KI-Chatbots E-Mails beantworten oder Meetings protokollieren – technisch ist das längst kein Problem mehr.
Heikel wird es aus Sicht des Ethikrats, wenn vormals von Menschen ausgeübte Tätigkeiten auf Technologiesysteme übertragen werden. Ein Beispiel sind KI-Systeme in der Medizin: Sie können bei der Diagnostik eine riesige Hilfe sein, sollten aber nicht die Entscheidung über Therapien treffen. Das letzte Wort sollte auch in Zukunft immer ein Arzt haben.