Oh please shut up!

Stand: 15.11.2024, 14:00 Uhr

NRW und die US-Wahl - Im Landtag wird über die Folgen debattiert. WDR-Reporter Nicolas Vordonarakis meint, die Themensetzung müsse sich mehr auf Nordrhein-Westfalen konzentrieren. NRW first, könnte man sagen.

Von Nicolas VordonarakisNicolas Vordonarakis

Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaah. What the f*** denke ich, während ich von der Pressetribüne diesen Mittwoch aufs Plenum schaue. Der NRW-Landtag "debattiert" in seiner Aktuellen Stunde die Folgen der US-Wahl. Ich bediene mich ja geistig nur ungern bei Donald Trump, aber der NRW Landtag ist –surprise – ein Landesparlament, daher hier nun mein großer Wunsch für die Wahl der Themen in Düsseldorf: NRW first!

Was zur Hölle bringt den Menschen hier im Land eine so zähe und ziellose Befassung mit den USA in ihrem Parlament wie in dieser Woche!? In Zeiten, in denen die Bundesregierung implodiert und ur-landespolitische Themen wie Verkehr, Bildung und Integration große Baustellen sind?

An globaler Politik, Pathos und großen Worten hat es nicht gemangelt, direkt in der ersten Rede der CDU. Es folgen Besinnungsaufsätze zur eigenen politischen Haltung aller Parteien gegenüber einer 6.353 Kilometer (Luftlinie Washington – Düsseldorf) entfernten Entscheidung: Die AfD will in der Trump-Wahl sehen, dass ein angeblich "woker Zeitgeist" vorbei ist und bei den Grünen möchte man die eigenen Werte betonen. Nach dem Motto: Bitte, bitte! Seid nicht wie Trump! Der grüne Abgeordnete Stefan Engstfeld betont dann, dass man lieber nicht an einem Redner-Pult stünde, sondern an einer geschlechtlich neutraleren Variante des Möbelstücks mit Mikrofon: dem Reden-Pult. Oh Lord! Alles ganz falsch platzierte Debatten. Aber irgendwas muss man ja erzählen, wenn man sich so eine Aktuelle Stunde wünscht…

Liebe Abgeordnete, ich weiß, Grenzen sind manchmal echt doof – insbesondere die eigenen (Fragen Sie mal Armin Laschet, der letztens aus Belgien zurückwollte). Aber ihre außenpolitische Wirkmacht ist ziemlich begrenzt – und damit auch der Mehrwert dieser prominent nach vorne gestellten "Debatte".

Dass Herr Liminski und Frau Neubaur ihre "sub-nationalen" Beziehungen zu den USA pflegen, finde ich ja auch "richtig und wichtig", um eine Floskel der Ministerin zu benutzen. Und die Beziehungen zu den USA sollten uns auf wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene als Land interessieren. Aber Gesetze, die da am großen geopolitischen Rad drehen… sind halt nicht "made in NRW".

Gut, immerhin konnten einige in der geschenkten Redezeit mal die Gelegenheit nutzen und "Danke, Angela!" sagen. Also Angela Freimuth, die Vorsitzende der Parlamentariergruppe NRW-USA. Die wichtige Arbeit in allen Ehren: Fürs Danke hätte auch ein Handschlag in der Kantine gereicht.

NRW und die transatlantischen Beziehungen

WDR 5 Westblick - aktuell 13.11.2024 04:02 Min. Verfügbar bis 13.11.2025 WDR 5


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Um 11:05 horche ich auf. Die Debatte läuft seit ner Stunde – der FDP-Abgeordnete Dietmar Brockes fragt, was der Mehrwert der Debatte sei? Sinnvolle Frage! Und als die SPD – keine Überraschung – die Schuldenbremse zum Thema macht, beschleicht mich eine sehr sehr sehr gewagte These: Ist das Ganze vielleicht ein politisches Vorweihnachtsgeschenk aller Fraktionen an sich selbst gewesen? Bundestagswahlkampf-Auftakt im Landesparlament!

Vorschlag: Lassen Sie das! Ich fordere – nicht nur für diese Woche – hier mal mit Trump‘schem Selbstbewusstsein: weniger Washington und Wahlkampf, mehr Düsseldorf. Keep the LAND in Landtag great – am besten mit Themen aus dem Land. So, wie in der Aktuellen Stunde am Donnerstag. Da ging‘s um Bildungspolitik. Geht doch.

Dieser Text erscheint auch als Editorial in “18 Millionen – Der Newsletter für Politik in NRW”. Jeden Freitag verschicken wir die Themen, die NRW bewegen – an politisch Interessierte, Aktive, Gewählte, und Politik-Nerds. Hier können Sie den Newsletter kostenlos abonnieren:

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