Offenburg: Ein Geflüchteter hält eine Debitcard in der Hand

Bezahlkarte für Geflüchtete bleibt umstritten

Stand: 07.02.2025, 16:45 Uhr

Mehrere NRW-Städte führen die Bezahlkarte für Flüchtlinge nicht ein. Damit machen die Kommunen von einer Ausnahmeregel Gebrauch, die die schwarz-grüne Landesregierung geschaffen hatte.

Von Martin TeiglerMartin Teigeler

NRW-Städte klären derzeit, ob sie die vom Land eingeführte Bezahlkarte für Geflüchtete einführen - oder mit einer Ausnahmeregel verzichten. "Eine konkrete Zahl, wie viele Kommunen von der Opt-Out-Regel Gebrauch machen, ist noch nicht abschätzbar", sagte eine Sprecherin von NRW-Fluchtministerin Josefine Paul (Grüne) am Freitag.

Warum Städte "Nein, danke" sagen

In den 55 Landesunterkünften ist die Bezahlkarte laut Ministerium schon gestartet. Ab dem zweiten Quartal soll die Karte schrittweise in den Städten und Gemeinden starten, die mitmachen wollen.

Der Rat der Landeshauptstadt lehnte die Bezahlkarte am Donnerstag ab. Das Argument der Mehrheit im Düsseldorfer Stadtrat: Da Geld ohnehin nur in Ausnahmefällen bar ausgezahlt werde, sondern in der Regel auf ein Konto, sehe man keine Vereinfachung oder Verbesserung, sondern allein eine Stigmatisierung von Geflüchteten.

Kritik an tiefgreifendem Eingriff

In Köln ist das Bündnis aus CDU, Grünen und Volt in der Bezahlkarten-Frage bisher uneins. In Duisburg gab es schon 2024 einen Ratbeschluss contra Karte. Um die Opt-Out-Regel zu nutzen, müssen die Kommunen aktiv ihren Verzicht gegenüber dem Land erklären. Auch in Aachen, Dortmund, Krefeld und Münster wird die Karte absehbar nicht kommen.

Es gebe keine Hinweise auf flächendeckenden Missbrauch von Sozialleistungen, die einen so tiefgreifenden Eingriff in die Rechte der Asylbewerber rechtfertigen würden, betonte die SPD in Dortmund. Die Karte solle ein Problem lösen, das es nicht gebe.

Im Landtag sorgt die Entwicklung für geteilte Reaktionen. Die Grünen verteidigten, dass Städte beim vorhandenen Modellen bleiben, "wenn sie es unbürokratischer und passender" finden. "In den Städten und Gemeinden herrscht das reinste Durcheinander", heißt es dagegen von der SPD.

Die FDP hält die von der schwarz-grünen Landesregierung eingeführte Bezahlkarten-Regelung in NRW für "planlos und ideologisch". Die AfD verlangte eine "umgehende Rücknahme der Opt-Out-Regelung".

Der CDU-Innenxperte im Landtag, Gregor Golland, sagte dem WDR: "Leider lehnen insbesondere Städte mit linken Mehrheiten die sinnvolle und richtige Bezahlkarte ab." Das werde sich negativ auswirken und konterkariere die sinnvolle Einführung.

Was gegen und was für die Karte spricht

Kritik an der Bezahlkarte wird seit vielen Monaten unter anderem von Hilfsorganisationen geäußert. Die Länder hätten die Bezahlkarte "ziemlich unverblümt als Diskriminierungsinstrument zur Abschreckung von Geflüchteten konzipiert", so Pro Asyl. Diese Kritik teilt auch der Flüchtlingsrat NRW.

Befürworter der Karte argumentieren, mit ihr würden Verwaltungen entlastet und Zahlungen an Schleuser oder Angehörige im Ausland könnten verhindert werden.

Auch Laumann hatte Zweifel

Karl-Josef Laumann (CDU), NRW's Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, bei Pressekonferenz zu neuer Krankenhausplanung

NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU)

Die Grünen hatten eine Bezahlkarte für Asylbewerber lange abgelehnt. Auch NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) galt zunächst nicht als Fan des neuen Instruments: Die Menschen kämen in Not nach Deutschland und "nicht aus Jux und Tollerei", so Laumann 2023. Erst später positionierte sich die CDU in der Koalition pro Bezahlkarte. Die Grünen stimmten schließlich zu - aber mit Opt-Out-Klausel.

NRW führt die Karte gemeinsam mit 13 weiteren Bundesländern ein. Allein in Nordrhein-Westfalen muss das Land dafür in diesem Jahr rund 12 Millionen Euro ausgeben. Der Auftrag der Länder ging an ein Konsortium, an dem die Kreditkartenfirma Visa beteiligt ist.

Mit der Karte darf maximal 50 Euro pro Monat abgehoben werden - alle anderen Einkäufe erfolgen bargeldlos. An der Höhe der Sozialleistungen (hier die Regelsätze nach dem Asylbewerberleistungsgesetz) als solche ändert sich nichts.

Unsere Quellen:

  • Landespolitiker in Mitteilungen
  • Nachrichtenagenturen dpa und epd
  • Angaben zu Kommunen laut Recherchen der WDR-Regionalstudios