Compact-Verbot und Einfluss aus NRW

Aktuelle Stunde 16.07.2024 31:13 Min. UT Verfügbar bis 16.07.2026 WDR Von Mathea Schülke

Verbot von "Compact"-Magazin: Auch in NRW Unterstützer

Stand: 16.07.2024, 20:10 Uhr

Bundesinnenministerin Faeser hat das rechtsextremistische Magazin "Compact" verboten. Das Heft richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Auch in NRW gibt es Unterstützer.

Bundesinnenministerin Ministerin Nancy Faeser (SPD) bezeichnete "Compact" als "zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene". Es hetze "auf unsägliche Weise gegen Jüdinnen und Juden, gegen Menschen mit Migrationsgeschichte und gegen unsere parlamentarische Demokratie", so Faeser. Der Verlag habe enge Verbindungen zur rechtsextremistischen "Identitären Bewegung" (IB) und zum rechtsextremistischen Parteienspektrum.

Polizisten in Hessen, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt durchsuchten ab dem Dienstagmorgen Liegenschaften der Unternehmen und Personen, die das Magazin verantworten, um Vermögen und Beweismittel zu beschlagnahmen. Die Compact-Magazin GmbH wird laut Innenministerium von dem Rechtsextremisten Jürgen Elsässer geleitet. Seine Privaträume wurden durchsucht.

Verfassungsschutz: "gesichert rechtsextremistisch"

Auch die "Compact" verbundene Videoproduktionsfirma "Conspect Film" wurde verboten. Rechtsgrundlage der Entscheidung sind das Vereinsgesetz und Bestimmungen zum Vereinigungsrecht im Grundgesetz. Das Bundesinnenministerium begründet das Verbot mit einer umfangreichen Materialsammlung des Bundesamts für Verfassungsschutz, an der auch der brandenburgische Verfassungsschutz beteiligt war.

Sowohl das Bundesamt als auch der Landesverfassungsschutz beobachten "Compact" seit Jahren und bewerten das Medium seit Ende 2021 als "gesichert rechtsextremistisch". Experten sehen in dem Magazin eine wichtige Plattform, sagt etwa der Politikwissenschaftler Wolfgang Schröder: "Compact ist ein Dreh- und Angelpunkt der rechtsextremen Kommunikation in Deutschland."

NRW-Innenminister Herbert Reul bewertet das Verbot positiv: "Wir dürfen nicht zulassen, dass die rechtsextremistische Szene mit ihren menschenverachtenden Ideologien und Verschwörungsmythen die Gesellschaft vergiftet. Heute hat der Rechtsstaat Zähne gezeigt."

Unterstützer auch in Nordrhein-Westfalen

Rückhalt bekam "Compact" wohl auch aus dem Westen. Während es laut Verfassungsschutz keine Informationen zu festen Redaktionsmitgliedern aus NRW gab, sehen die Behörden etwa eine "organisatorische Zusammenarbeit" zwischen dem Magazin und dem Verein "Aufbruch Leverkusen". Deren Ratsmitglied Markus Beisicht bestätigt den Kontakt zum Chefredakteur:

"Ich kenne Jürgen Elsässer schon seit sehr langer Zeit. Wir hatten zuletzt hier in Leverkusen eine Veranstaltung mit ihm. Wir sind über Jahre in einem engen Austausch." Das Zeitschriftenverbot sieht er - wenig überraschend - kritisch. Er wolle jetzt eine angekündigte rechtliche Prüfung abwarten.

Zusätzlich gibt es Medienberichten zufolge noch weitere Unterstützer in Nordrhein-Westfalen. "Compact" hatte dem Verfassungsschutz zufolge Veranstaltungen in Brühl und Bergheim geplant.

Chefredakteur wollte "das Regime stürzen"

Inhaltlich richtete sich "Compact" vor allem gegen muslimische Migranten, aber auch gegen die Bundesregierung, die "Altparteien" und Medien, die als "Systempresse" oder "Lügenpresse" diffamiert wurden. Von Corona- oder Impf-"Diktatur" war die Rede, die Macher des Magazins sprachen von sich selber als "Widerstand". "Dieses Magazin hetzt auf unsägliche Weise gegen Jüdinnen und Juden, gegen Menschen mit Migrationsgeschichte und gegen unsere parlamentarische Demokratie", so Innenministerin Faeser.

Chefredakteur Elsässer wiederholte in den vergangenen Jahren immer wieder Umsturzforderungen: "Wir wollen einfach das Regime stürzen", dies sei das Ziel von "Compact".

AfD: "Schwerer Schlag gegen die Pressefreiheit"

Nach Einschätzung der Amadeu-Antonio-Stiftung für den Aufstieg der AfD sei die Rolle von "Compact" "nicht nur wegen der rechtsextremen Hetze, sondern auch aufgrund der internationalen Vernetzung mit Antidemokraten in Russland oder den USA" nicht zu unterschätzen.

Die AfD selber bezeichnete das Verbot indes als "frontalen Angriff auf die Pressefreiheit". Ein solcher Schritt bedeute eine "enorme Gefahr für Demokratie, Rechtsstaat und Pressefreiheit", so die NRW-AfD.

Magazin, Videokanal und Onlineprodukte

Compact-Magazin von 2022 mit Karl Lauterbach auf dem Titelbild.

Compact-Magazin von 2022 mit Karl Lauterbach auf dem Titelbild

"Compact" erschien eigenen Angaben zufolge monatlich mit einer Auflage von 40.000 Exemplaren, dazu gab es einen Online-Videokanal mit einer Reichweite von bis zu 100.000 Klicks. Außerdem war das Unternehmen in zahlreichen sozialen Medien präsent und betrieb einen Online-Shop, über den neben eigenen Printerzeugnissen, Bücher, Hörbücher, CDs und DVDs sowie Merchandise-Artikel vertrieben wurden.

Verbot von "Compact"-Magazin

WDR Studios NRW 16.07.2024 00:51 Min. Verfügbar bis 16.07.2026 WDR Online


Unsere Quellen:

  • WDR-Recherchen
  • Bundesinnenministerium
  • NRW-Innenministerium
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Magazin Der Spiegel

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