Nicht nur Zehntausende "Swifties" waren geschockt, als vergangene Woche die drei geplanten Konzerte des US-Megastarts Taylor Swift in Wien abgesagt werden mussten. Grund war ein offenbar geplanter Terroranschlag, der nach Angaben der Polizei in letzter Minute vereitelt werden konnte. Der 19-jährige Hauptverdächtige - ein Österreicher mit nordmazedonischen Wurzeln - gilt als IS-Sympathisant. Mittlerweile hat er sein anfängliches Geständnis, ein Blutbad anrichten zu wollen, allerdings zurückgezogen.
Die harte Entscheidung der Sicherheitsbehörden machte einer breiten Öffentlichkeit dennoch deutlich, wie ernst es offenbar ist mit der Terrorbedrohung. Seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober vergangenen Jahres habe sich die Bedrohungslage durch islamistischen Terrorismus in Deutschland "wesentlich verschärft", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Montag in Köln, und sie sei "anhaltend hoch".
Faeser: "Hartes Vorgehen" gegen Islamisten
Beim Bundesamt für Verfassungsschutz wollte Faeser sich ein aktuelles Lagebild im Bereich islamistischer Terrorismus machen. Man gehe "hart gegen die islamistische Szene vor", sagte Faeser und verwies auf das kürzliche Verbot des Islamischen Zentrums Hamburg, das als verlängerter Arm des iranischen Mullah-Regimes in Deutschland gelte.
Deutschland stehe im Fokus dschihadistischer Organisationen wie dem IS und seines Ablegers "Islamischer Staat Provinz Khorasan", kurz ISPK. Aber auch sich allein radikalisierende Einzeltäter seien eine "jederzeit bestehende Gefahr". Auch der in Wien festgenommene Hauptverdächtige soll sich nach Erkenntnissen der Ermittler über das Internet radikalisiert haben.
Mehrfach hätten die deutschen Sicherheitsbehörden in der letzten Monaten "frühzeitig zugeschlagen und Anschlagspläne dadurch verhindern können", sagte Faeser.
Hinweise oft von ausländischen Geheimdiensten
Häufig war das allerdings auf Hinweise ausländischer Geheimdienste zurückzuführen - so etwa noch beim geplanten Anschlag auf den Kölner Dom zu Weihnachten vergangenen Jahres. Dazu befragt, verwies Faeser auf den in Deutschland strengen Datenschutz: Die zunehmende Bedrohungslage finde sich zu großen Teilen auch im Netz wieder. Doch den Behörden hierzulande fehlten die entsprechenden Befugnisse, um hier ermitteln zu können. "Es kann nicht sein, dass alle mehr Sicherheit fordern, sich dann aber hinter den Datenschutz zurückziehen, wenn es um mehr Befugnisse geht."
Vorratsdatenspeicherung müsse es aus ihrer Sicht so gar nicht mehr geben, sinnvoller sei stattdessen die Möglichkeit, IP-Adressen zu speichern, "damit wir selber Dinge frühzeitig erkennen können".
Auch künstliche Intelligenz müsse "gezielt einsetzbar sein", so Faeser, zum Beispiel bei der automatisierten Gesichtserkennung. Bislang sei der Abgleich für Behörden nur händisch möglich. Es handle sich um einen Eingriff in die Grundrechte, räumte die Innenministerin ein, "deswegen möchte ich die entsprechende gesetzliche Grundlage".
Die jahrzehntelang gesuchte Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette beispielsweise war im Februar in ihrem Versteck erst dadurch aufgeflogen, dass Journalisten ihr Gesicht mit Fotos aus dem Internet abglichen und bei einem Sportclub in Berlin fündig wurden.
Küchenmesser kaufen erlaubt
Messer: Bald ab sechs Zentimeter Länge verboten
Faeser bekräftigte am Montag in Köln außerdem noch einmal ihr Vorhaben, ein Verbot zum Mitführen von Messern mit einer Klinge ab sechs Zentimeter Länge - bislang sind zwölf zulässig - umzusetzen. Springmesser sollen ganz verboten werden. Außerdem erhalten Kommunen mehr Befugnis, Waffenverbotszonen einzurichten.
"Wenn Sie ein großes Küchenmesser kaufen, ist das natürlich von Ausnahmen gedeckt", sagte Faeser, aber es müsse niemand im öffentlichen Raum Messer mit langen Klingen mit sich führen. Sie wies darauf hin, dass das neue Gesetz im Bundesrat einstimmig beschlossen worden sei.
Deutlicher Anstieg der Messerattacken in NRW
Laut Polizeilicher Kriminalstatistik lag der Anteil der Messerangriffe unter den Taten mit gefährlicher und schwerer Körperverletzung 2023 bundesweit bei 5,8 Prozent - 8.951 Fälle bundesweit. Im Jahr davor waren es 5,6 Prozent - 8.160 Fälle.
In NRW hatte das Innenministerium im Juni gemeldet, dass die Anzahl der Angriffe mit Messern und sonstigen Stichwaffen im vergangenen Jahr um 22 Prozent auf 6.221 gestiegen sei. Im Februar starben zwei Jugendliche nach einem solchen Angriff, im April wurde ein 29-Jähriger lebensgefährlich verletzt. Vor zwei Wochen stach ein 18-Jähriger in Duisburg auf drei Männer ein, die schwerverletzt überlebten.
Quellen:
- Pressekonferenz Bundesinnenministerin Nancy Faeser 12.08.2024
- Polizeiliche Kriminalstatistik Bund
- Statistik NRW-Innenministerium
- DPA