"In Zahlen gegossene Politik" nannte NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) seinen in den Landtag eingebrachten Haushalt 2024. Am Mittwoch eröffnete er die Debatte und dankte demonstrativ seinen Kabinettskolleginnen und -kollegen für die "vertrauensvolle Zusammenarbeit", seine Überleitung zu, man ahnt es schon, der Performance der Bundesregierung in Berlin. Dann kritisierte er Olaf Scholz in seinen diversen Ämtern, früher als Bundesfinanzminister und heute als Kanzler. Seinen eigenen Haushalt lobte Optendrenk erwartungsgemäß. Er sei "solide, nachhaltig, generationengerecht".
Neu sind die Rahmenbedingungen, unter denen der Haushalt 2024 aufgestellt wurde: "Wir müssen uns an den finanzwirtschaftlichen Normalfall gewöhnen, dass Geld Geld kostet, nämlich Zinsen." Zu den steigenden Zinsen kommen sinkende Steuereinnahmen. 2023, so Optendrenk, werde es wohl kein Wachstum geben, eine "echte Rezession" sei möglich. Er betonte, dass die finanzpolitischen Spielräume enger werden.
Grüne kritisiert den Bundesfinanzminister
Wibke Brems, Co-Fraktionsvorsitzende des CDU-Koalitionspartners Bündnis 90/Die Grünen, verteidigte den Haushalt. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussehe, das Gesetz sei geprägt von Einsparungen und Priorisierungen.
Auch sie schaut nach Berlin auf die Bundesgesetzgebung. Das von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) geplante "Wachstumschancengesetz" mit milliardenschweren Entlastungen für die Unternehmen lobt Brems zwar in Teilen, aber es müsse dann auch gelten: "Wer bestellt, muss auch zahlen." Lindner mache sich aus dem Staub und lasse die Länder alleine.
Die Fokussierung auf Berlin
Die großen Berlin-Parts in den Reden von CDU und Grünen waren eine Steilvorlage für die Opposition. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Jochen Ott sagte, an NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) gerichtet: "Seit Sie im Amt sind, zeigen Sie jeden Tag nach Berlin, Sie sind das teuerste Autobahnschild, das das Land je hatte." Oder mit den Worten von Henning Höne, FDP-Fraktionschef: "Wer ständig mit beiden Händen Richtung Berlin zeigt, hat keine Hand mehr frei, um hier anzupacken."
Diese Kritik geht über das übliche Bund-Land-Ping-Pong, das es in nahezu jeder Landtagsdebatte gibt, hinaus. Denn wegen der engen Spielräume im Land muss immer häufiger der Bund mit ins Spiel kommen. So auch bei der Altschulden-Lösung für NRW-Kommunen, deren Start erst einen Tag vor der Debatte von der Landesregierung auf 2025 verschoben wurde. Hinzu kommt: Bundesgesetze mit Auswirkungen auf die Länder und Kommunen entfalten in Zeiten knapper Kassen eine noch stärkere Wucht.
Die unterschiedlichen Akzente der Opposition
In weitem Bogen skizzierte SPD-Fraktionschef Ott, wo es überall hakt im Land: Kitas, Unterrichtsausfall an den Schulen, geschlossene Schwimmbäder, zu wenig Polizei, Finanznöte der Kommunen sind nur einige seiner Punkte. Während er sich Sorgen um den sozialen Wohnungsbau machte, pochte sein FDP-Kollege Höne darauf, dass Wohneigentum bezahlbar bleiben müsse.
Höne kritisierte Kürzungen im Etat, unter anderem für Innovationen und Digitalisierung und forderte Entlastungen für Bürger und Wirtschaft sowie eine Unterstützung von kleinen Unternehmen. Der Sozialdemokrat Ott regte an, einen "Rettungspakt für die Kitas" in Höhe von 500 Millionen Euro aufzusetzen und einen "Brückenstrompreis" für die Industrie.
Allein die Antwort auf die zentrale Frage - wo soll das Geld dafür herkommen - blieben Ott und Höne schuldig.
AfD mit Generalkritik
Während SPD und FDP ihre Kritik an der Bundespolitik fein dosierten - je nach Parteizugehörigkeit betroffener Bundesminister gab es andere Schwerpunkte - konnte der AfD-Fraktionsvorsitzende Martin Vincentz frei von jeglicher Regierungsverantwortung bei seiner Linie der Fundamentalopposition bleiben.
Entsprechend deftig fiel sein Zeugnis für die Landes- und Bundespolitik aus. NRW, so sein Vorwurf, sei "der Mühlstein am Hals der schwächelnden Wirtschaft" in Deutschland. Fachkräftemangel in der Pflege, Staus auf den Straßen, Kleinkriminalität, Tierheime am Limit, Verteidigung der Atomkraft - das Spektrum seiner Themen war weit.
Das Budgetrecht des Parlaments
Finanzminister Optendrenk beendete seine Rede übrigens mit einem Hinweis auf eine strukturelle Selbstverständlichkeit: Er erinnerte an das Budgetrecht des Parlaments - denn das von ihm eingebrachte Haushaltsgesetz wird, wie alle Gesetze des Landes - vom Parlament verabschiedet. Offensiv forderte er die Abgeordneten, sich die Einzelposten im Haushalt gründlich anzuschauen. Das könnte man sehr frei übersetzen mit: Nicht nur meckern, sondern bitte auch konkrete Gegenvorschläge für Einsparungen machen.
Diese Vorschläge blieb das Parlament heute schuldig. Aber es war ja auch erst die erste Lesung des Gesetzes, die Fachausschüsse werden sich nun mit den Details befassen. Das zentrale Thema Finanzen bleibt auf der Tagesordnung.
Über dieses Thema berichten wir am Mittwoch in der Sendung Westblick auf WDR5 ab 17.04 Uhr.