Es könnte die "härteste Haushaltsdebatte in den letzten 20 Jahren" sein, hatte SPD-Oppositionsführer Jochen Ott vor einigen Wochen in Richtung Landesregierung angekündigt. Die finanzielle Lage des Landes sei "prekär" - und die Ansichten darüber, wofür das Land viel Geld ausgeben sollte und wo man eher sparen könnte, driften gerade in angespannten Zeiten bei den Parteien besonders stark auseinander.
Bei Integration wird an wichtigen Stellen gespart
So sorgten bereits vorab die geplanten Ausgaben im Integrationsministerium für Verwunderung: Zwar soll es mehr Geld für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen geben - insgesamt gut 160 Millionen, ein Plus von 61 Millionen. Bei den Projekten zu ihrer Integration aber wird kräftig gekürzt: Für soziale Beratung der Geflüchteten sollen die Ausgaben im kommenden Jahr auf ein Drittel eingedampft werden.
Auch bei Rückkehrerprojekten und vorbereitenden Maßnahmen soll gespart werden: Von 8,3 runter auf 6,1 Millionen Euro. Immerhin: Insgesamt gut 1,9 Milliarden Euro sind für den Bereich Asylbewerber und Bürgerkriegsflüchtlinge im nächsten Jahr eingeplant - gut 300 Millionen mehr als im aktuellen Jahr.
Insgesamt 105,5 Milliarden Euro an Ausgaben plant die Landesregierung für 2025 - ein Rekordwert, knapp ein Drittel davon sind Personalkosten. Genau der gleiche Betrag wird laut der Erklärung zur Finanzplanung 2025 bis 2028 des NRW-Finanzministeriums an Einnahmen erwartet. Als Schwerpunkte bei den geplanten Ausgaben für 2025 nennt die Landesregierung die Bereiche Schule und Bildung, innere Sicherheit, Familie und Kinder, Kommunen und den "Transformationsprozess zu einer klimaneutralen Industrieregion".
Mehr Geld für Schulen
Für die Schulen sind 24,5 Milliarden Euro eingeplant - zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Davon sollen 50.000 neue Ganztagsplätze und 1.133 neue Lehrerstellen an Grundschulen bezahlt werden. 8,5 Millionen Euro gehen in Programme zur "Stärkung der Basiskompetenzen Rechnen, Schreiben, Lesen", wo zuletzt bei NRW-Kindern erhebliche Lücken festgestellt wurden.
Innere Sicherheit
Um "mehr Sicherheit in den Städten und Gemeinden zu schaffen", hat das Land weiterhin das Ziel, jährlich 3.000 neue Polizeikräfte einzustellen.
Im Bereich der Justiz sind Kürzungen vorgesehen. Deutlich weniger Geld - mehr als 21 Millionen Euro minus - ist künftig ausgerechnet für die Ausbildung von Nachwuchskräften vorgesehen. Dabei beklagen Staatsanwaltschaften und Richterbunde seit Jahren einen dramatischen Personalmangel.
Die Neue Richtervereinigung (NRV) berichtet von einem "Brandbrief", in dem Gerichtspräsidenten und Generalstaatsanwälte im April NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) warnten: Die geplanten Einsparungen gefährdeten die Arbeitsfähigkeit der Justiz und damit das Funktionieren des Rechtsstaats ernsthaft. Der Appell sei bislang ungehört geblieben
Angesichts der angekündigten dramatischen Einsparungen im Justizhaushalt könne es außerdem künftig häufiger zu IT-Ausfällen in NRW kommen, warnte die NRV. Das für eine stabile IT-Infrastruktur notwendige Geld stehe nicht mehr zur Verfügung.
Das Justizministerium sieht das anders: Einen Personalmangel gebe es nicht. Nahezu alle Stellen an Gerichten und in den Staatsanwaltschaften seien besetzt. Auch die Investitionen in die Digitalisierung blieben 2025 nahezu unverändert: 186 Millionen Euro seien vorgesehen, im laufenden Jahr sind es 190 Millionen, heißt es aus dem Ministerium.
Familie und Kinder
Frühkindliche Bildung soll insgesamt mit 5,7 Milliarden Euro finanziert werden. Bezahlt werden davon unter anderem die Alltagshelfer in den Kitas und das Sprach-Kita-Programm - beides zusammen mit 178 Millionen Euro. Für den Bau von neuen Kitas stiegen die Ausgaben in diesem Jahr um zusätzliche Mittel in Höhe von 85 Millionen auf insgesamt 200 Millionen Euro. Im kommenden Haushaltsjahr 2025 liegen sie bei 115 Millionen Euro.
Alltagshelfer: Programm läuft weiter
Unterstützung der Kommunen
Mehr als jeder dritte Euro aus dem Landeshaushalt geht laut Landesregierung an die Kommunen: Rund 15,7 Milliarden Euro im Rahmen des Gemeindefinanzierungsgesetzes plus weitere Zuweisungen von über 20 Milliarden. Ein Batzen von 250 Millionen Euro wird 2025 in die Ablösung der Altschulden vieler Kommunen gehen - "unabhängig davon, ob der Bund sich an der Entschuldung der Kommunen beteiligt", denn hier wartet das Land auf Rückmeldung vom Bund.
Städtetag und Städte- und Gemeindebund hatten vor wenigen Wochen eine deutlich bessere Finanzausstattung der Kommunen angemahnt. Dazu müssten die Zuweisungen im Gemeindefinanzausgleich erhöht und der Verbundsatz auf 25 Prozent angehoben werden. Der Verbundsatz ist der Anteil der Kommunen an dem Geld, das das Land über Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer einnimmt. Aktuell liegt dieser Anteil in NRW bei 23 Prozent. Kommunalministerin Scharrenbach hatte eine Erhöhung aber bereits abgelehnt.
Transformation zur Klimaneutralität
Die Landesregierung will Tempo machen beim Ausbau Erneuerbarer Energien. Insgesamt rund 474 Millionen Euro sind im Haushalt vorgesehen für Förderungen bei Photovoltaik, Tiefengeothermie, Fernwärme und Wasserstoffwirtschaft.
Landesrechnungshof schlägt jährlich Alarm
Ende August hatte der Landesrechnungshof zum wiederholten Mal regelrecht Alarm geschlagen: Seit vier Jahren verschulde sich die NRW-Regierung immer tiefer. Neuer Rekordstand: 164,4 Milliarden Euro. "Diese Verschuldung kommt Nordrhein-Westfalen teuer zu stehen", prophezeite die Präsidentin des Landesrechnungshofs, Brigitte Mandt, bei der Veröffentlichung ihres Jahresberichts zu den Landesfinanzen.
Zudem stiegen die Steuereinnahmen nicht mehr im gleichen Umfang wie in den Vorjahren. Schon im laufenden Jahr sei nach aktuellen Schätzungen mit 1,2 Milliarden Euro weniger Steuern zu rechnen als erwartet. Für 2025 bis 2028 sei ein Rückgang um insgesamt 3,7 Milliarden Euro zu befürchten. Ziel müsse es aber sein, die Ausgaben dauerhaft durch die laufenden Einnahmen zu decken. Alle Aufgaben und Ausgaben des Landes gehörten auf den Prüfstand, mahnte Mandt.
NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) hatte kürzlich angekündigt, Ausnahmen bei der eigentlich im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse zu nutzen, um neue Kredite aufzunehmen.
Hinweis: In einer früheren Version hatten wir geschrieben, dass die frühkindliche Bildung mit 5,6 Milliarden Euro finanziert wird, richtig sind aber 5,7 Milliarden Euro. Zudem sind die Mittel für den Neubau von Kitas bereits im Haushaltsjahr 2024 aufgestockt worden. Wir bitten die Fehler zu entschuldigen.