Nach Protesten von Kommunen stellt das Land NRW im laufenden Haushaltsjahr weitere 85 Millionen Euro für den Kita-Ausbau bereit. Die Fördersumme des Landes für Neu-, Ausbauten und Sanierungen erhöht sich damit auf 200 Millionen Euro. Das teilte das Familienministerium am Sonntag mit.
"Der Ausbau der Kitaplätze hat für die Landesregierung eine sehr hohe Priorität. Auch in Zeiten, in denen die öffentlichen Haushalte unter Druck stehen", teilte Kinder- und Jugendministerin Josefine Paul (Grüne) mit. Zuvor hatten die Kommunen kritisiert, dass keine Förderanträge mehr bewilligt würden. In einem Brief an das Familienministerium, der dem WDR vorliegt, berichten die kommunalen Spitzenverbände von "erheblichen Problemen" bei finanziellen Förderungen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe.
Opposition spricht von "Vertrauensbruch"
Auch die oppositionellen SPD- und FDP-Fraktionen hatten den Förderstopp kritisiert. Der FDP-Abgeordnete Marcel Hafke sprach von einem "eklatanten Vertrauensbruch" den Kommunen und Trägern gegenüber. Seine Fraktion hat deshalb angekündigt, eine Aktuelle Viertelstunde für die Sitzung des Familien-Ausschusses im Düsseldorfer Landtag für kommenden Donnerstag zu beantragen. Die Familienministerin sei überfordert, erklärte zudem der SPD-Abgeordnete Dennis Maelzer.
Und auch nach der jüngsten Entscheidung, die Fördersumme aufzustocken, seien noch viele Fragen offen, betonte Maelzer am Montag: "Reichen die angekündigten 85 Millionen Euro aus, um alle Bedarfe abdecken zu können? Aus welchem Topf stammen die angekündigten 85 Millionen Euro? Ab wann können die Bewilligungen wiederaufgenommen werden? Schwarz-Grün scheint tiefer in der Haushaltskrise zu stecken als bisher angenommen", so der familienpolitische Sprecher der SPD-Fraktion.
Ministerium: Anträge werden nun abgearbeitet
Das Familienministerium teilte unterdessen mit, dass die Förderung "zu keinem Zeitpunkt eingestellt" worden wäre. "Zutreffend ist, dass einige Anträge von Kommunen nun erst nach Bereitstellung der zusätzlichen 85 Millionen Euro bewilligt werden können", so ein Sprecher des Ministeriums. Dennoch könne nicht ausgeschlossen werden, dass Landesjugendämter einzelne Anträge abgelehnt hätten. "Die Ablehnung eines Antrags kann jedoch vielfältige Gründe haben." Die aktuell vorliegenden Anträge würden nun "sukzessive abgearbeitet".
Kommunen befürchten "Windhundrennen"
Der Städte- und Gemeindebund NRW (StGB NRW) begrüßt die Aufstockung des Fördertopfes. "Die Summe ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung", meint Horst Heinrich Gerbrand, Geschäftsführer des StGB NRW. "Aber wir wissen nicht, ob die Summe ausreichend ist", schränkt er ein. Deshalb wäre es wichtig, dass eine "Ausbauplatzgarantie" ausgesprochen werde, damit die Kommunen wissen, dass auch alle Anträge bewilligt werden. Andernfalls befürchtet er ein "Windhundrennen" der Kommunen nach dem Motto: "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst."
Kommunen sind beim Kita-Ausbau auf die Förderung des Landes angewiesen. Sie wäre für die Kommunenn essenziell, betonte Verbandsgeschäftsführer Gerbrand. Andernfalls könne der Kita-Ausbau gänzlich zum Erliegen kommen. Schon heute scheitere etwa der gesetzlich zugesicherte Anspruch auf einen Kita-Platz "faktisch häufig daran, dass kein Geld mehr da ist", so der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes.
Kritik an fehlenden Familienzentren
Im Brief der kommunalen Spitzenverbände an das Familienministerium wird auch der weitere Ausbau von Familienzentren kritisiert. Dieser werde vom Ministerium "deutlich gebremst", bedauern der Städte- und Gemeindebund, der Landkreistag sowie der Städtetag NRW in dem gemeinsamen Schreiben.
Familienzentren sollen laut Landesregierung Eltern "niedrigschwellige Unterstützungsangebote" ermöglichen und damit Familien bei der Erziehung und im Alltag unterstützen. Das Angebot reicht von offenenen Sprechstunden über Elterncafés bis hin zu Bewegungs- sowie Ernährungsangeboten für Eltern und Kinder. Im vergangenen Jahr wurden Familienzentren mit rund 70 Millionen Euro vom Land gefördert. Dadurch sollte ihre Zahl im Kindergartenjahr 2023/2024 auf knapp 3.300 steigen.
Über dieses Thema berichten wir am Montag u.a. auch im Westblick auf WDR 5.