Kommentar: Warum CDU und Grüne in NRW von der Ampel profitieren
Stand: 06.11.2023, 15:24 Uhr
Viele Menschen sorgen sich auch in NRW um die wirtschaftliche Lage und um die Migrationspolitik. Doch der schwarz-grünen Landesregierung kann das nichts anhaben. Warum eigentlich? Ein Kommentar.
Von Wolfgang Otto
Es sind vor allem zwei Probleme, die den Menschen in NRW derzeit auf den Nägeln brennen: die Zuwanderung und die wachsenden wirtschaftlichen Sorgen. Beide Themenfelder hätten eigentlich das Zeug, eine Koalition aus CDU und Grünen in große Schwierigkeiten zu bringen.
Beide Parteien haben sehr unterschiedliche Ansätze in der Migrationspolitik. Und beiden Parteien zusammen fällt im Augenblick nicht viel dazu ein, wie die wirtschaftliche und soziale Spaltung im Land überwunden werden könnte. Doch das Gegenteil ist der Fall: Christdemokraten und Grüne in NRW gehen deutlich gestärkt aus dem jüngsten Stimmungstest hervor.
Wolfgang Otto, WDR Landespolitik
Ein wichtiger Grund dafür liegt in Berlin und ein weiterer in der Person des Ministerpräsidenten von der CDU. Hendrik Wüst hat in der Debatte um eine Begrenzung der illegalen Migration ganz offenbar den richtigen Ton getroffen. Jedenfalls kommt er in dem politischen Spektrum, das eine christliche Volkspartei abzudecken hat, gut an.
Da lautet der erste Satz immer: NRW will Menschen, die Schutz brauchen, weiter aufnehmen, gut versorgen und in diese Gesellschaft integrieren. Und der zweite lautet: Damit das gelingt, muss illegale Zuwanderung gestoppt werden. Hinter diesem Zweiklang kann sich ein wachsender Teil der Wählerschaft versammeln.
Gleichzeitig vermeidet Wüst schrille Töne, die ausländerfeindliche Gefühle wecken könnten. Damit setzt er sich - für viele wohltuend – von CDU-Bundeschef Friedrich Merz ab. Und ganz nebenbei schont er damit auch den grünen Koalitionspartner.
Die Grünen scheinen ohnehin fast unverwundbar durch die Krisen dieser Zeit zu wandeln. Wer grün wählt, will Klimaschutz und den Schutz des Asylrechts - und beides gibt es am ehesten immer noch bei der grünen Partei. Von den Irrlichtern, die die Ampel in Berlin aussendet, lässt sich ein stabiles grünes Wähler-Reservoir nicht abschrecken. Das haben schon die Landtagswahlen in Hessen und Bayern gezeigt.
NRW Trend Teil 1
Westpol. 05.11.2023. DGS. Verfügbar bis 05.11.2028. WDR.
Krisenstimmung muss die jüngste Wählerbefragung dagegen bei FDP und SPD auslösen. Das schlechte Erscheinungsbild der rot-grün-gelben Koalition in Berlin schlägt bei ihnen brutal durch bis nach NRW.
Für die Sozialdemokraten an Rhein und Ruhr ist das besonders bitter. Sie haben viele Jahre von der Hoffnung gelebt, dass für sie alles besser werde, wenn die GroKo in Berlin endlich weg ist. Jetzt müssen sie feststellen: Auch ein SPD-Kanzler in Berlin bringt ihnen keinen verwertbaren Schub. Im Gegenteil: In der wichtigsten Debatte dieser Tage haben andere die Meinungsführerschaft übernommen.
Beim Thema Migration wirkt Scholz wie ein Getriebener, nicht wie ein Macher. Und das lähmt seine Partei – auch in NRW. Solange sich daran nichts ändert, und Wüst keine Fehler macht, bleibt die Macht am Rhein für die SPD außer Sichtweite.