Kommentar: Wüst goes East…
Stand: 11.06.2024, 16:17 Uhr
Eine gemeinsame Kabinettssitzung in Sachsen soll auch die bundespolitischen Ambitionen Hendrik Wüsts unterstreichen. Doch eine Kanzlerkandidatur Wüsts 2025 ist unrealistisch geworden.
Von Klaus Scheffer
Ob Hendrik Wüst tatsächlich gern im nächsten Jahr als Kanzlerkandidat der Union in den Bundestagswahlkampf ziehen würde, weiß er vielleicht selbst nicht genau. Sein Besuch in Sachsen an diesem Dienstag deutet aber darauf hin: Er will sich diese Option sehr wohl offen halten.
Vor diesem Hintergrund ist das Ergebnis der Europawahl vom Sonntag für seine Ambitionen ein klarer Rückschlag. Die Erfolge der AfD vor allem in den ostdeutschen Bundesländern, können niemanden kalt lassen. Die Union aber schon mal gar nicht. Hier, in den fünf Flächenländern Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Brandenburg muss sie die Populisten von der AfD stellen, muss sich als überzeugende Alternative darstellen.
Merz ist die überzeugendere Alternative
Welcher der potenziellen Kanzlerkandidaten kann das leisten? Hendrik Wüst fällt mir da als letzter ein. Ausgerechnet Wüst, der seit zwei Jahren eine schwarz-grüne Koalition in Düsseldorf anführt, der in der Union am lautesten gegen jedwede mögliche Kooperation mit der AfD wettert, ausgerechnet dieser Hendrik Wüst sollte den rechten Populisten in Ostdeutschland die Stimmen wegnehmen? Seit Amtsantritt legt der Ministerpräsident aus Düsseldorf größten Wert darauf, als weltoffener liberaler Mensch wahrgenommen zu werden, der seinen Platz in der politischen Mitte gefunden hat.
Das ist aber eben genau nicht der Typus, der ein tendenziell rechtspopulistisches Publikum dazu bringen würde, ihn zu wählen. Ein Friedrich Merz mit seinem klar konservativen Profil passt da erheblich besser. Geeigneter erscheint sogar der bayerische Ministerpräsident Markus Söder, der sich ja auch nicht in die Karten blicken lässt, ob er nicht doch noch einmal auf den Kanzlerjob in Berlin schielt.
Wüst-Image passt zu NRW, aber nicht zu einer Kanzlerkandidatur der CDU
Und deshalb muss Hendrik Wüst, will er seine kleine Chance auf die Kanzlerkandidatur wahren, einen Weg finden, sich auch in den ostdeutschen Ländern zu profilieren. Und das ohne Anbiedern bei AfD-Themen. Ich kann mir genau vorstellen, wie so Idee zur Initiative entstanden ist, Ost- und Westdeutschland näher zusammenzubringen.
Austausch, Dialog, eine Art neuer Einigungsvertrag – das klingt wie "Versöhnen statt Spalten", was auch mal das Motto eines NRW-Ministerpräsidenten war. Der hieß Johannes Rau und war in der SPD. Eine solche Initiative passt zum Wüst-Image, passt zu Nordrhein-Westfalen. Aber kann man damit eine Kanzlerkandidatur in der CDU befördern? Ich habe da meine Zweifel.