Kommentar: Übergangslösungen gegen Lehrermangel
Stand: 15.12.2022, 06:00 Uhr
Was Schulministerin Dorothee Feller (CDU) als Konzept gegen den Lehrermangel vorgestellt hat, ist kein großer Wurf. Es kommt nicht einmal in die Nähe eines großen Wurfes. Ein Kommentar.
Von Daniela Junghans
Ein großer Wurf war das sicher nicht, keine Frage. Eher eine Ansammlung kleinerer Würfe. Aber wie hätte denn so ein großer Wurf beim Thema Lehrermangel aussehen können? Gibt es irgendwo noch eine stille Reserve, aus der die Schulministerin mal eben noch ein paar tausend unbeschäftigte Lehrer hervorzaubern könnte? Nein, die gibt es natürlich nicht, und deshalb war da nichts, was auch nur in die Nähe eines großen Wurfes hätte kommen können.
Schon fast alles ausprobiert
Der Lehrermangel ist nicht erst seit gestern eine der wichtigsten Baustellen deutscher Schulministerinnen und -minister - egal welcher Partei sie angehören. Und die haben natürlich schon fast alles ausprobiert.
Wir müssen mehr Lehrer ausbilden, so einfach ist die Lösung - und das weiß auch jeder Schulpolitiker. Doch so ein Studium dauert, löst also höchstens den Lehrermangel von morgen, nicht den von heute.
Seiteneinsteiger - kann funktionieren, muss es aber nicht
Daniela Junghans, WDR Landespolitik
Es braucht also Übergangslösungen, und die sind eben genau das: sie sind die schlechtere Alternative, aber nötig. Im konkreten Fall der Schulen heißt das vor allem: Seiteneinsteiger. Also Menschen, die eigentlich nicht für den Job ausgebildet wurden, den sie nun machen sollen. Die im besten Fall als Gymnasiallehrer an die Brennpunkt-Grundschule gehen und dort einen tollen Job machen. Im ungünstigsten Fall gehört dazu aber auch der eher introvertierte Mathematiker, der eigentlich Wissenschaftler werden wollte, nun aber Fünftklässlern die Feinheiten der Bruchrechnung beibringen soll. Kann funktionieren, muss es aber nicht!
Da ist es fast schon eine Selbstverständlichkeit, dass diese neuen Lehrer zumindest eine ordentliche Nachqualifikation bekommen sollen. Ob die in allen Fällen ausreicht, bleibt abzuwarten.
Schulen brauchen Spezialkräfte
Das Handlungskonzept gegen Lehrermangel ist genau das, was angekündigt war: eine Liste mit vielen Ansätzen, die die Lücke zumindest etwas verkleinern können. Geschlossen wird sie dadurch aber nicht. Sie könnte ohnehin künftig noch größer werden.
Denn eigentlich brauchen die Schulen dringend nicht nur Personal für die freien Stellen, sondern auch weitere Spezialkräfte: Sonderpädagogen, Sozialarbeiter, Schulkrankenschwestern und Informatik-Fachleute. Zusätzlich zu den Lehrern, und auch zu deren Entlastung. Denn erst dann können sich die Lehrer wieder auf ihren eigentlichen Job konzentrieren: dafür zu sorgen, dass möglichst alle Kinder die nötigen Fähigkeiten erwerben für einen guten Start ins Berufsleben.