Für die Krankenhauslandschaft in NRW bedeutet die groß angelegte Reform eine Art Zeitenwende. Das Gesundheitsministerium spricht von einem "Quantensprung". Es geht darum, ganz neu festzulegen, welche Klinik in Zukunft noch welche Eingriffe und Operationen anbieten darf und welche nicht mehr.
Erst im Juni 2024 hatte das Ministerium die Kliniken darüber informiert, wie die neue Zuteilung aussehen soll. Dagegen hatten dann 327 von 330 Krankenhäusern Widerspruch eingelegt. Viele Häuser verlieren durch die Reform nämlich auch lukrative Operationen wie zum Beispiel Knie-und Hüft-OPs. Auch mehr als die Hälfte der Kliniken, die Krebsbehandlungen durchführen wollen, sollen das in Zukunft nicht mehr machen.
Endgültige Entscheidung erst im Dezember
All das sollte eigentlich ab dem 1. Januar 2025 gelten. Die endgültigen Bescheide darüber sollen die Kliniken allerdings erst eine Woche vor Weihnachten erhalten. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) räumt jetzt gegenüber dem WDR ein, dass das zu kurzfristig sei. Um die Versorgungssicherheit der Patienten nicht zu gefährden, bekommen die Kliniken deshalb mehr Zeit bis zum In-Krafttreten der Reform, und zwar bis zum 1. April 2025.
Außerdem kündigte Laumann weitere Übergangsfristen an: Die Krankenhäuser sollen jetzt flächendeckend 12 Monate Zeit bekommen, die Umstellung umzusetzen. Damit sollen Versorgungslücken verhindert werden. Vorher war der Plan, dass Kliniken, die Eingriffe und Behandlungen nicht mehr anbieten dürfen, diese sofort einstellen sollten. Für den Aufbau neuer Abteilungen in anderen Krankenhäusern hätte es dagegen eine Übergangsfrist geben sollen, so dass Patientinnen und Patienten wohlmöglich eine zeitlang auf Behandlungen hätten warten müssen.
Das Ziel: Bessere Grundversorgung - mehr Spezialisierung
Mit der neuen Krankenhausplanung verfolgt Laumann zwei große Ziele: 90 Prozent aller Menschen sollen in höchsten 20 Autominuten ein Krankenhaus mit Notaufnahme, Chirurgie und Intensivstation erreichen können. Gleichzeitig sollen bei allen anderen medizinischen Eingriffen Patienten künftig sicher sein können, dass ein Krankenhaus genügend Erfahrung und Fachpersonal dafür hat.
Landtags-Opposition sieht weiter offene Fragen
Die Opposition sieht sich durch Laumanns Schritt in ihrer Kritik an der Reform bestätigt. Der Minister halte dem Druck der Krankenhäuser nicht mehr stand und habe "offensichtlich eingesehen, dass bei der Krankenhausplanung ein 'mit dem Kopf durch die Wand' nicht funktioniert", sagte SPD-Fraktionsvize Lisa Kapteinat.
Trotz des neuen Zeitplans bleibe aber weiter unklar, wie die Landesregierung die Krankenhausplanung finanzieren wolle. "Bis zum Jahr 2030 sollen 2,5 Milliarden Euro für die Krankenhausplanung zur Verfügung gestellt werden", so Kapteinat. "Die Krankenhäuser haben aber bereits rund sieben Milliarden Euro an Investitionsmitteln beantragt - wie diese Lücke geschlossen werden soll, ist allen Beteiligten nach wie vor ein Rätsel."
Die FDP im Landtag teilte mit: "Die Verschiebung des Zeitplans für die Krankenhausreform macht deutlich, dass NRW-Gesundheitsminister Laumann die Komplexität der Umsetzung und die Notwendigkeit einer breiten Abstimmung in den Versorgungsgebieten offenbar unterschätzt hat."
Kliniken und Gewerkschaft fordern Nachbesserungen
Die Krankenhausgesellschaft NRW teilte mit, auch für die Patienten schaffe die zusätzliche Zeit Sicherheit, damit sie sich weiter auf eine qualitativ hochwertige Behandlung verlassen könnten. Der Verband fügte hinzu, dass nicht nur der Auf- und Ausbau von Leistungsgruppen Zeit und Investitionen brauche, sondern auch die Schließung von Stationen sowohl Zeit als auch Geld kosten werde. Die Gewerkschaft Verdi begrüßte Laumanns Übergangsfrist, forderte aber mehr Personal.
Unsere Quellen:
- NRW-Gesundheitsminister Laumann
- eigene WDR-Recherchen
- Reaktionen laut Mitteilungen und Nachrichtenagentur dpa