Das war nicht nur wegen der hohen Temperaturen wieder mal nötig: Ein Mal im Jahr zieht die Präsidentin des Landesrechnungshof, Brigitte Mandt, die Landespolitiker durch das Stahlbad kühler Zahlen. Gestern war es mal wieder so weit. Und während sie sprach, kam es mir vor, als bildeten sich Eisblumen an den Fenstern.
Dem ehemaligen Finanzminister der schwarz-gelben Landesregierung muss es eiskalt den Rücken herunter gelaufen sein. Die Abschlussbilanz für CDU-Mann Lutz Lienenkämper fällt verheerend aus. Kalt konstatiert der Landesrechnungshof: Sparbemühungen: gleich Null. Die Verschuldung der Landeskasse liegt auf Rekordniveau. 160 Milliarden Euro. Allein durch die Corona-Pandemie sind noch einmal 16 Milliarden Euro dazu gekommen.
Kassenprüfer durchschauen Lienenkämpers Kapriolen
Da half es Lienenkämper auch nicht, dass er die durch die Corona-Krise nötigen neuen Schulden in einem Rettungstopf versteckte – außerhalb seines Haushaltes. Solche Buchungskapriolen machen die in der Regel humorlosen obersten Kassenprüfer des Landes natürlich nicht mit. Sie zählen alle Kredite zusammen, egal wo sie vertopft sind. Ergebnis: NRW gehört zu den vier Flächenländern der Republik mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung.
Kalte Dusche für neuen Finanzminister
Zur weiteren Abkühlung gab es gestern von Brigitte Mandt gleich hinterher auch noch eine kalte Dusche für den jetzt amtierenden Landesfinanzminister Marcus Optendrenk (CDU). Denn die Schulden werden in nächster Zukunft schwerer wiegen. Die Zinsen steigen. Nicht nur für die Häuslebauer, sondern auch für den Finanzminister von NRW. Das schränkt den finanziellen Spielraum ein.
Dazu kommen weitere Rückzahlungs-Verpflichtungen. 100 Millionen Euro pro Jahr muss das Land allein für die Fluthilfe aufbringen, die – viele haben das gar nicht mitbekommen - auf Pump ausgezahlt wurde. 50 Jahre lang wird dieser Betrag fällig. Eine von viele Lasten für zukünftige Generationen.
Der unterkühlte Vortrag von Frau Mandt hätte in der Landtags-Debatte in der vergangenen Woche sehr gut getan. Da kochte der Streit über weitere Entlastungspakete für die unter steigenden Preisen leidenden Bürgern hoch. Oppositionsführer Thomas Kutschaty von der SPD forderte mal locker ein zwei Milliarden Euro schweres Hilfsprogramm aus der Landeskasse – zusätzlich zu den 65 Milliarden des Bundes, versteht sich. Das Geld sei ja da, meinte Kutschaty.
Auch diese überhitzte Prognose hat Frau Mandt gestern in den Tiefkühler geschoben. Angesichts der sich ausbreitenden Wirtschaftskrise sagte sie: "Eine gratis Haushaltskonsolidierung – durch stetig steigende Steuereinnahmen und ein extrem günstiges Zinsniveau – wird es absehbar nicht geben… Das Geld reicht nicht für alles."
Vorschlag: Streichprogramm
Mehrere Male fiel das Wort "Nachhaltigkeit" im Vortrag der Chefin des Landesrechnungshofs. Ein Wort, das in der Finanz- und Haushaltspolitik ziemlich in Vergessenheit geraten ist. Auch unter schwarz-gelb.
Mal sehen, wie die Grünen, die jetzt frisch an der Regierung sind, die Mahnungen von Frau Mandt aufnehmen. An kommende Generationen zu denken, liegt ihnen doch am Herzen. Dem amtierenden Ministerpräsidenten Hendrik Wüst von der CDU nach eigenem Bekunden ja auch. Mein Vorschlag: Beim nächsten Ausgabenprogramm auch gleich ein Streichprogramm mit Einsparungen an anderer Stelle im Haushalt vorlegen. Das wäre mal was Neues. Und eine wirklich nachhaltige Haushaltswende für NRW.