Die Regierungsparteien CDU und Grüne habe am Freitag im NRW-Landtag die Forderung nach einem Industriestrompreis auf die Tagesordnung gesetzt. In einer Aktuellen Stunde debattierte das Parlament über verschiedene Instrumente.
Kurz zur Ausgangslage: Aktuell diskutiert werden zwei Entlastungen. Von einer pauschalen Senkung der Stromsteuer würden alle profitieren, der sogenannte Industriestrompreis beträfe hingegen nur bestimmte Unternehmen. Er wird auch als "Brückenstrompreis" bezeichnet, da er nur zeitlich befristet gezahlt werden soll, bis die Energiewende vollzogen ist.
Dem Industriestrompreis hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf dem Unternehmertag NRW eine klare Absage erteilt - zur großen Verwunderung und Enttäuschung der versammelten Wirtschaftsvertreterinnen und -vertreter.
Dieses Zitat hat weit über den Unternehmertag hinaus für Aufsehen und Aufregung gesorgt - und führte am Freitag im Landtag zu einer Diskussion über Gießkannen, Versorgungsschläuche und Brücken. Im Zentrum stand plötzlich die Frage: Wo steht die SPD-Fraktion im Landtag?
SPD-Bundestagsfraktion legt vor
Schließlich hatte einen Tag zuvor die SPD-Bundestagsfraktion einen konkreten Vorschlag für einen Brückenstrompreis vorgelegt: Für bestimmte Unternehmen soll der Strompreis auf 5 Cent begrenzt werden. Und macht damit gewaltig Druck auf den eigenen Kanzler.
Seitdem übt sich die SPD in verbalen Dehnübungen. Es geht um den Spagat, sich einerseits gegen den Kanzler zu stellen, dies aber öffentlich nicht so aussehen zu lassen. Im NRW-Landtag sah das am Freitag so aus:
Drei SPD-Redner mit drei verschiedenen Akzenten
Zunächst ergriff der SPD-Fraktionsvorsitzende Ott das Wort - mit einem klaren Bekenntnis zum Vorschlag der Bundestagsfraktion. Nötig sei ein Brückenstrompreis von 5 Cent für bestimmte Betriebe, befristet auf fünf Jahre, der auch den Mittelstand einbeziehen soll und keine Obergrenze kennt. Bundeswirtschaftsminister Habeck hatte einen Vorschlag vorgelegt, der bei 6 Cent liegt und nur 80 Prozent des Stromverbrauchs subventionieren will.
Später ergriff der SPD-Abgeordnete André Stinka das Wort und versicherte: "Wir stehen hinter den Aussagen des Kanzlers, dass es diese Subventionen so nicht gibt." Und beteuerte weiter: "Die SPD in NRW steht an der Seite des Kanzlers!" Dritter SPD-Redner war Alexander Vogt, der sagte, die SPD sei klar für den Brückenstrompreis und werde ihn mit dem Kanzler umsetzen.
Brücke, Gießkanne oder Schlauch?
Die Fraktionen von CDU und Grünen sprachen sich ebenfalls für einen Industriestrompreis aus. Wobei die grüne Fraktionsvorsitzende Wibke Brems Richtung Kanzleramt betonte, der Brückenstrompreis sei doch befristet und nicht für alle, darum könne nicht von einer Dauersubvention mit der Gießkanne die Rede sein.
Und NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur blieb sogar im Bild des Kanzlers und sagte, der Brückenstrompreis sei "keine Gießkanne", sondern ein "genau ausgerichteter Versorgungsschlauch". Neubaur skizzierte auch das breite Bündnis, das eine entsprechende staatliche Hilfe für energieintensive Betriebe will und zählt alle Wirtschaftsverbände und Einzelgewerkschaften auf, die sich für den Industriestrompreis ausgesprochen haben. Das Ziel sei, die Brücke der Subventionierung möglichst kurz zu halten und schnell die Energiewende umzusetzen.
Unterstützung für Senkung der Stromsteuer
Mona Neubaur sagte auch: "Die Absenkung der Stromsteuer ist eine Lenkungswirkung, die wir voll und ganz unterstützen." Der FDP-Abgeordnete Dietmar Brockes stellte dann im weiteren Verlauf der Debatte erfreut fest, dass scheinbar Einigkeit bestehe, was die Stromsteuer angehe.
Erst einen Tag zuvor hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bei seinem Besuch eines Bürgerdialogs in Burg bei Magdeburg sich gesprächsbereit gezeigt, die Stromsteuer zu senken. Einen Industriestrompreis lehnt Lindner hingegen ab.
Durchbruch für Industriestrompreis schon bald?
Die Zuversicht, mit der die SPD-Fraktion bekräftigte, dass es schon bald eine Lösung geben werde, spricht dafür, dass der Kanzler wohl schon bald dem Drängen seiner Partei nachgeben könnte. Am Montag will die SPD-Bundestagsfraktion auf ihrer Klausurtagung über das Konzept in Anwesenheit von Scholz entscheiden.
Dann wird der Abgeordnete aus Minden, Achim Post, dort wohl mit neuem Gewicht auftreten. Denn der Befürworter des Industriestrompreises stellt sich am Samstag den Delegierten des Parteitags zur Wahl als Co-Vorsitzender der NRW-SPD. Dem größten Landesverband der Sozialdemokraten in Deutschland.
AfD für Atomenergie und Kohle
Die AfD forderte in der Debatte erneut den Weiterbetrieb von Atom- und Kohlekraftwerken. Ihr Abgeordneter Christian Loose zog beim Industriestrompreis eine historische Parallele zur DDR, die dauerhaft bis zu ihrem Untergang den Industriestrompreis subventioniert habe. Für ihn ein Beleg, dass sich die CDU zu einer sozialistischen Partei entwickelt habe. Es sei wohl nur eine Frage der Zeit, bis sich die Konrad-Adenauer-Stiftung in "Walter-Ulbricht-Stiftung" umbenenne, so Loose.