Die Verurteilungen der beiden Täter vom Campingplatz in Lügde liegen inzwischen mehr als dreieinhalb Jahre zurück. Die Folgen, die ihre Taten hinterlassen haben, dauern an. Ein Großteil der Betroffenen, die durch den schweren sexuellen Missbrauch geschädigt wurden, hat deshalb Anträge auf eine staatliche Entschädigung gestellt.
Allerdings mussten sich viele von ihnen jahrelang gedulden. Über ihre Anträge hatte der zuständige Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) bis Ende vergangenen Jahres größtenteils noch nicht entschieden. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) nannte das damals "erschütternd" und forderte eine Bearbeitung innerhalb der kommenden drei Monate.
Über 23 Anträge ist inzwischen entschieden worden
Das scheint der LWL in einem Teil der Fälle geschafft zu haben. Laut einem Bericht des Gesundheitsministeriums an den Landtag sind inzwischen 14 von 32 Anträgen bewilligt worden. Das heißt, dass die Betroffenen entweder Geld vom Staat für die erlittenen Schädigungen erhalten oder sonstige Hilfe, indem beispielsweise Therapiekosten erstattet werden.
Zwei Betroffene haben dem Bericht zufolge ihre Anträge zunächst zurückgenommen, sie seien durch den LWL "ausführlich beraten" worden, auch über Alternativen. Da für eine Entschädigung nach dem bundesweit geltenden Opferentschädigungsgesetz keine Fristen verstreichen, könnte in diesen Fällen später nochmal ein Antrag gestellt werden.
Einige Betroffene haben offenbar "kein Interesse" mehr an Verfahren
Drei weitere Anträge wurden abgelehnt. In diesen Fällen hat der LWL entweder keine Gesundheitsschädigung durch eine Gewalttat festgestellt oder sogar gar keinen Nachweis für eine Gewalttat gesehen. Die Hürden für eine staatliche Opferentschädigung sind in solchen Fällen hoch. Betroffene müssen nachweisen, dass sie unter einer gravierenden und dauerhaften Gesundheitsschädigung leiden, die vergleichbar ist mit einem Behinderungsgrad von 30 Prozent.
Bemerkenswert: In vier weiteren Fällen hat der LWL laut NRW-Gesundheitsministerium mit den Betroffenen, die den Antrag gestellt hatten, über einen längeren Zeitraum keinen Kontakt herstellen können, "trotz vielfacher und auch persönlicher Versuche einer Kontaktaufnahme". Der LWL geht deshalb davon aus, dass diese Betroffenen "kein Interesse" mehr an einer Entschädigung haben. Die Antragsverfahren könnten aber auch in diesen Fällen wieder aufgenommen werden.
Innenministerium will Verzögerungen mit LWL aufarbeiten
Übrig bleiben neun weitere Anträge, über die der LWL bisher nicht entschieden hat. In vier dieser Fälle ruht das Verfahren auf Wunsch der Betroffenen, weil etwa noch ein Gutachten erstellt werden muss.
Das Innenministerium betont in dem Bericht an den Landtag, dass es die Abläufe rund um die lange Bearbeitung der Anträge der Lügde-Opfer mit dem LWL aufarbeiten möchte, auch was die allgemeine Auslegung der Rechte von Betroffenen in solchen Verfahren angeht. Der LWL werde "Konsequenzen aus dem Missbrauchskomplex Lügde ziehen" und das Antragsverfahren "spürbar optimieren".
Über das Thema berichtet der WDR an 26.04.23 u.a. im Westblick auf WDR 5.