Angesichts wachsender Probleme mit maroden und gesperrten Brücken will die Landesregierung Streckensperrungen schneller möglich machen. Dafür soll unter anderem das Straßenverkehrsgesetz geändert werden. Auf diesem Weg sollen Anwohnerinnen und Anwohner sowie Unternehmen in der Nähe von gesperrten Autobahnbrücken vom Verkehr entlastet werden.
Einfachere Durchfahrtsverbote für Lkw gefordert
NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) hat diese Vorschläge an seinen Amtskollegen im Bund, Volker Wissing (FDP) geschickt. Der Brief liegt dem WDR exklusiv vor. Die aktuelle Sperrung der A42 bei Essen, die wegen der kaputten Brücke über den Rhein-Herne-Kanal nötig wurde, ist der Anlass für das Schreiben. Darin bringt Krischer auch eine Art Strafzahlung für Transit-Lkw ins Spiel, wenn sie die Sperrungen nicht großräumig umfahren.
Die Gesetze und entsprechenden Regelungen für den Straßenverkehr werden auf Bundesebene gemacht, dort liegt auch die Zuständigkeit für Autobahnen und deren Brücken. Deshalb wendet sich der Landesminister an die Regierung Berlin.
Krischer schlägt in dem Brief vor, "das Straßenverkehrsrecht derart anzupassen, dass Sperrungen von Strecken für den Durchgangsverkehr und hier insbesondere von Lkw deutlich vereinfacht werden". Das soll dazu führen, dass Lastwagen, die lediglich auf der Durchreise zu weiter entfernten Zielen sind, die Nebenstrecken im Umland der Sperrung meiden müssen und stattdessen die Engstelle großräumig über Autobahnen umfahren.
Bislang enges Korsett für Durchfahrtverbote
Tatsächlich sind solche Durchfahrverbote nach derzeitiger Rechtslage nur in sehr engem Rahmen und mit komplizierten Verfahren möglich. Im Fall der seit Dezember 2021 gesperrten Rahmedetalbrücke der A45 dauerte es deshalb mehr als ein Jahr, bis es eine Lösung gab, um den Lkw-Durchgangsverkehr zu reduzieren. Hunderte Laster, die sich im Schneckentempo an Wohnhäusern vorbeischlängeln, sind für Menschen und Unternehmen in der Nähe solcher Brückensperrungen regelmäßig ein großes Problem.
Erhöhte Mautgebühr soll zu Umfahrung anregen
Als weiteren Anreiz für die Lastwagenfahrer, kleine Ausweichstraßen zu meiden, schlägt Krischer eine Form von Strafgebühr vor. In dem Brief regt er an, "höhere Mautsätze für Lkw-Durchgangsverkehr bei Sperrungen in den Blick zu nehmen, wobei Benachteiligungen der lokalen Wirtschaft für Quelle-Ziel-Verkehre zu vermeiden wären". Das würde in der Konsequenz bedeuten, dass Lkw, die in der Nähe von gesperrten Brücken entsprechende Nebenstrecken benutzen, eine erhöhte Mautgebühr in Rechnung gestellt wird. Und zwar immer dann, wenn sie nicht aus der Region kommen oder dort ihr Ziel haben.
Technisch möglich sei das bereits jetzt, heißt es aus dem NRW-Verkehrsministerium - durch das Lkw-Mautsystem mit seinen rund 700 blauen Mautsäulen an Landstraßen. Die Hoffnung: Um die teurere Maut zu vermeiden, steuern die Fahrer dann ihre Lkw weiträumig über Autobahn-Umleitungen - und entlasten so die Menschen vor Ort.
"Lenkungskreis" soll Akteure zusammenbringen
Schließlich regt Krischer auch einen "Lenkungskreis" für ganz Nordrhein-Westfalen unter Leitung des Bundes an, um die vielfältigen Probleme mit maroden Brücken besser zu steuern. In diesem sollten alle Beteiligten an einem Tisch Lösungen erarbeiten, um die Auswirkungen der Brückensperrungen möglichst gering zu halten. Vergleichbares hatten vergangene Woche SPD-Kommunalpolitiker aus Bottrop, Essen und anderen Städten entlang der gesperrten A42 gefordert.
NRW will Notfallpläne für den Fall von Sperrungen
Auch wünscht sich Krischer vom Bund engmaschige Kontrollen der Autobahnbrücken - und vor allem, dass der Bund so früh wie möglich das Land über Ergebnisse dieser Kontrollen informiert. So sollen "sich daraus ableitende mögliche Probleme" früher erkennbar sein, hofft der NRW-Minister. Hintergrund ist, dass in der Vergangenheit wiederholt nach Brückenkontrollen sehr plötzlich Vollsperrungen nötig wurden - beispielsweise bei der A45-Rahmedetalbrücke oder im Fall der A42 bei Essen. Für solche Szenarien schlägt Krischer vor, "proaktiv Notfallpläne zu erarbeiten und diese mit den Baulastträgern des nachgeordneten Netzes und den Straßenverkehrsbehörden abzustimmen."
Der Bundesrechnungshof hatte in dieser Woche kritisiert, der Bund drohe seine Ziele bei der Brückensanierung zu verfehlen. Das Ministerium von Volker Wissing habe nicht den vollen Umfang der zu modernisierenden Bauwerke im Blick, die Autobahn GmbH nicht genügend Personal für diese Aufgabe. Nordrhein-Westfalen hat derzeit den Vorsitz der Verkehrsministerkonferenz.
Über dieses Thema berichtet der WDR am 14.01.2024 auch in der Fernsehsendung Westpol ab 19:30 Uhr.