Rund 800 Medizinstudierende von mehreren Unikliniken in NRW haben die Landesregierung aufgefordert, sich für bessere Arbeitsbedingungen im sogenannten Praktischen Jahr (PJ) einzusetzen.
Sie beklagen, dass sie zu geringe Aufwandsentschädigungen bekommen und die Ausbildung im Praktischen Jahr zu wünschen übrig lässt, weil viele Studierende von den Kliniken für einfache Hilfstätigkeiten eingesetzt würden.
Studierenden-Kritik: "Sind nur Lückenstopfer"
"Die Arbeitsbedingungen sind katastrophal. Es ist eine Ausbeutung, die stattfindet und eine Ausbildung, die nicht stattfindet", klagt der Essener Medizinstudent Johannes Oschilewski. "Kliniken stopfen Personallücken mit uns PJ-Studierenden, das ist vor allem für Hilfstätigkeiten der Fall. So sparen sich viele Kliniken Personal", erläutert der Düsseldorfer Student Ferdinand Breuning, der die Demo mitorganisiert hat.
Viele Studierende berichten außerdem, dass sie neben dem Vollzeitjob in der Klinik auch noch auf Nebenjobs oder die Unterstützung der Eltern angewiesen sind, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. "Wir sehen, dass immer mehr Studierende ihr Praktisches Jahr etwa in der Schweiz machen. Da gibt es mehr Geld und eine klar strukturierte Ausbildung", erklärt Breuning.
Schlechte Bezahlung und zu wenig Lernzeit
Die Aufwandsentschädigung für Studierende im PJ ist nicht einheitlich geregelt. So erhalten sie nach Angaben des NRW-Gesundheitsministeriums vom vergangenen Jahr an der Uniklinik Düsseldorf 573 Euro pro Monat, an der Uniklinik Köln 400 Euro, an der Uniklinik Aachen nur 229 Euro. Die Studierenden fordern den Bafög-Höchstsatz von bis zu 930 Euro.
Die Studierenden beklagen außerdem, dass sie nach dem Ende ihres Praktischen Jahres nur wenig Lernzeit für das dritte und finale Staatsexamen hätten. 30 Fehltage dürfen sie während des PJs haben, allerdings werden Krankheitstage davon bereits abgezogen.
Das führt in der Praxis dazu, dass viele Studierende krank zur Arbeit kommen oder im ganzen Jahr kaum oder gar keinen Urlaub nehmen, um die erlaubten Fehltage am Ende des PJs als zusätzliche Lernzeit zu nutzen.
Laumann bietet runden Tisch an
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) kam zur Kundgebung der Demonstranten vor dem Landtag und konnte in seiner kurzen Rede viele Kritikpunkte nachvollziehen. "Was Sie in diesem Jahr lernen und dass sie oft ausgenutzt werden, das geht so nicht!", rief er den jubelnden Demo-Teilnehmern zu.
Gleichzeitig räumte Laumann ein, dass man dem Thema zuletzt zu wenig Priorität eingeräumt habe. Denn bereits im vergangenen Herbst hatten Medizinstudierende in einer Landtags-Anhörung bessere Ausbildungsbedingungen gefordert - bisher ohne nennenswerte Folgen.
Laumann erklärte, viele Forderungen, etwa nach einem einheitlichen Ausbildungskonzept, würden über die Approbationsordnung geregelt, für die jedoch die Bundesebene zuständig sei. Für die Aufwandsentschädigungen seien die Kliniken zuständig. Er bot den Studierenden jedoch an, in den nächsten Wochen einen Runden Tisch mit Studierenden einzurichten, dem Ministerium sowie den Kliniken, um für die Probleme Lösungen zu erarbeiten.