Seit den ersten Plänen zur Reform der Grundsteuer im Bund ist diese umstritten und wird heftig diskutiert. Denn bereits vor Inkrafttreten der neuen Grundsteuerregelung 2025 zeichnet sich eine Schieflage ab: Wohneigentümer werden wohl im Durchschnitt stärker belastet als die Eigentümer von Gewerbeimmmobilien. NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) will nun den Kommunen die Möglichkeit eröffnen, eigenständig in die Gestaltung der Grundsteuer eingreifen zu können.
Das Hintertürchen "Öffnungsklausel"
Möglich werden soll es über eine sogenannte Öffnungsklausel. Sie ist quasi das gesetzliche Hintertürchen, um bei einer Regelung Ausnahmen zuzulassen. Die Ausnahme wäre in diesem Fall, dass die Kommunen künftig unterschiedliche Hebesätze für Gewerbe- und Wohneigentum erheben zu können.
Dafür hat der NRW-Finanzminister eine Mehrheit bei seinen Länderkollegen organisiert, gemeinsam fordern sie nun von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), diese Öffnungsklausel zu ergänzen. Notfalls, so die Ankündigung von Optendrenk, werde er diese Klausel auch in NRW über ein eigenes Gesetz herstellen.
Kommunen kritisieren Vorgehen scharf
Was nach einer guten Lösung für die Kommunen aussieht, wird von denen postwendend scharf kritisiert. Christof Sommer, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW, sagte am Donnerstag: "Dass das Land die Unwucht bei der Grundsteuer angeht, ist im Grundsatz richtig, die Kommunen haben es seit zwei Jahren gefordert. Nun aber die Aufgabe den Städten und Gemeinden zuzuweisen, kommt völlig überraschend und viel zu spät."
Das Land habe sich früher um eine grundlegende Korrektur des Bundesgesetzes kümmern müssen, so Somme weiter. "Ausbaden sollen es jetzt die Kommunen."
Wer trägt die Verantwortung?
Der Grund für diese scharfe Zurückweisung ist, dass es mit der Optendrenk'schen Öffnungsklausel in der Verantwortung der Kommunen wäre, wie hoch ein gesplitterter Hebesatz für Gewerbe- und Wohnimmobilien aussieht. Die jeweiligen Stadträte müssten es festlegen und zuvor gewiss intensive Diskussionen führen, wer in einer Kommune in welcher Höhe belastet wird.
Soll eher der Wirtschaft geholfen werden, deren Gewerbesteuer - neben der Grundsteuer - eine wichtige Einnahmequelle für die Kommunen darstellt? Oder die zahlreichen Häuslebesitzer, die ihren Frust vielleicht an der Wahlurne deutlich machen? All diese Abwägungen hätten die Kommunen nicht, wenn bereits das Bundesgesetz eine Grundformel zur Grundsteuerberechnung vorgibt, auf die eine Kommune im Zweifelsfall verweisen kann.
"Bärendienst" für kommunale Familie?
Darum kritisiert der Städte- und Gemeindebund die Öffnungsklausel auch so scharf. Christof Sommer prophezeit: "Die Entscheidung des Landes wird die Konflikte in den Kommunen verschärfen." Es sei absehbar, "dass sich die Kluft zwischen starken und schwachen Kommunen weiter vergrößern" werde. "Der kommunalen Familie und dem Zusammenhalt vor Ort hat das Land mit seiner Entscheidung einen Bärendienst erwiesen."
Zudem argumentiert der Städte- und Gemeindebund, dass die Zeit zu knapp bemessen sei, um die IT für die Neuberechnung umzustellen.
Optendrenk: "Stärkung kommunaler Finanzverwaltungshoheit"
Der NRW-Finanzminister argumentiert, dass die Lastenverschiebungen zwischen Gewerbe- und Wohneigentum sich nicht flächendeckend abzeichneten. Das bestätigt auch der Städte- und Gemeindebund: Nach ersten Stichproben sei davon auszugehen, dass Gewerbegrundstücke in NRW bis zu 50 Prozent entlastet würden, private Inhaber aber 20 Prozent drauflegen müssten. "Die Zahlen fallen allerdings von Kommune zu Kommune sehr unterschiedlich aus und hängen stark davon ab, wie viel Gewerbe vor Ort angesiedelt ist."
Optendrenk ist dennoch von seiner Lösung einer Öffnungsklausel überzeugt: "Das ist im Grunde eine Stärkung kommunaler Finanzverwaltungshoheit."